Wenn jemand zum Wahlarzt geht, kann er für die Rechnung bei der Krankenkasse um Refundierung ansuchen – diese beträgt 80 Prozent des für die Leistung vorgesehenen Honorars, das ein Arzt mit Kassenvertrag von der Krankenkasse bekäme.

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Wien – Die Zahl der Wahlärzte nimmt zu. Die Zahl der Patienten, die sie konsultieren, beziehungsweise der Rechnungen, die sie bei Krankenkassen einreichen, ebenso. Auch die Ausgaben der Krankenkassen für Wahlarztleistungen steigen. Doch ihr Anteil an den Gesamtausgaben der Kassen für Versicherungsleistungen machte 2015 nur 1,1 Prozent aus, wie die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Neos durch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) beziehungsweise Zahlen des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger zeigen.

6,9 Prozent der "ärztlichen Hilfe"

Fünf Jahre zuvor war der Anteil ein Prozent – also fast gleich groß – gewesen. Allerdings umfassen die Versicherungsleistungen der Kassen nicht nur die ärztliche Hilfe, sondern unter anderem auch Heilmittel, Zahnbehandlung und Anstaltspflege. Der Anteil an den Ausgaben für Wahlärzte am Posten "ärztliche Hilfe" ist sehr wohl gestiegen: von vier Prozent 2005 auf 6,9 Prozent, wie der STANDARD erfuhr.

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Für ärztliche Hilfe gaben die Kassen 2015 rund 4,1 Milliarden Euro aus, im niedergelassenen Bereich waren es 2,1 Milliarden, davon knapp 178 Millionen Euro für Wahlärzte. Dieser Posten ist seit 2010 um 38,9 Millionen Euro gestiegen. Wenn jemand zum Wahlarzt geht, kann er für die Rechnung bei der Krankenkasse um Refundierung ansuchen – diese beträgt 80 Prozent des für die Leistung vorgesehenen Honorars, das ein Arzt mit Kassenvertrag von der Krankenkasse bekäme.

Patientenausgaben unklar

Konkret stiegen die Ausgaben etwa bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) um das 1,4-Fache von 22,8 Millionen auf 31,3 Millionen Euro. Ähnlich war es bei der Wiener GKK, die im Jahr 2010 noch 13,7 Millionen aufgewendet und fünf Jahre später 18,8 Millionen Euro ausgegeben hatte.

Unklar ist, wie viel Geld Patienten bei der steigenden Zahl der Wahlärzte – derer es 2015 laut Gesundheitsministerium rund 10.553 gab – ausgeben. Es wird vermutet, dass fast die Hälfte der Honorarnoten nie bei der Kasse landen.

Zwanzig Prozent mehr Patienten

Einzelne Auswertungen zeigen, wie sich die Zahl der Patienten, die Wahlärzte aufsuchen, entwickelt hat: So stieg zum Beispiel bei der Salzburger GKK die Zahl dieser Patienten binnen fünf Jahren um zwanzig Prozent auf 69.767 im Jahr 2015. Die Zahl der Rechnungen, die in dem Jahr gelegt wurden, gibt die Wiener GKK mit 752.754 an. Fünf Jahre zuvor waren es noch 444.590 gewesen. Von den Versicherten der WGKK, die einen Wahlarzt in Anspruch nahmen, wurden 2015 im Schnitt 2,85 Rechnungen gelegt – 2010 waren es noch 2,53 gewesen. Insgesamt wurden pro Anspruchsberechtigten der WGKK 0,46 Rechnungen gelegt (2010 waren es 0,29 Rechnungen).

Diskussion über Abschaffung

Dass die Ausgaben für Wahlarztkostenersatz mit 1,1 Prozent so einen geringen Anteil an den Ausgaben für Versicherungsleistungen insgesamt hat, zeige, dass eine Abschaffung des Wahlarztsystems dem System nicht viel brächte, stellte Gerald Loacker im STANDARD-Gespräch fest. Loacker hatte die parlamentarische Anfrage an Oberhauser gestellt.

Für die Kassen gebe es zwar Preistreiber, etwa bei den Medikamentenkosten, aber auch hohe Einnahmen, meint Loacker. Insgesamt erwarten die Kassen laut Hauptverband für 2016 ein Plus von rund 80 Millionen Euro.

SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger hatte im Sommer 2016 gefordert, die Rückerstattung von Wahlarztkosten abzuschaffen. Schon damals hatte Gesundheitsministerin Oberhauser den Vorstoß nicht unterstützt. Auch in der Anfragebeantwortung hält sie fest: "Eine Streichung der Kostenerstattung ist nicht angedacht." (Gudrun Springer, 10.1.2017)