Das französisch-japanische Label Maison Kitsuné serviert Preppy Style mit Baskenmütze.

Foto: Maison Kitsuné

Neues Japan: Masaya Kuroki und Gildas Loaëc von Maison Kitsuné.

Foto: H. Masaki
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Mode von Comme des Garçons, Yamamoto, Miyake (von hinten nach vorn).

Fotos: APA / AFP / Martin Bureau, Reuters / Charles Platiau, APA / AFP / Patrick Kovarik

Anna Wintour ist ihr Fan, und Karl Lagerfeld bejubelte sie als eine der derzeit aufregendsten Designerinnen. Chitose Abé, der Kopf hinter dem japanischen Modelabel Sacai, hat sich in Japan wie in der westlichen Modewelt einen Namen gemacht. Längst ist ihre Mode bei Net-à-Porter und bei Barneys in New York zu haben. Das Business wird Stück für Stück ausgeweitet: Im letzten Jahr hat die Designerin mit Nike kollaboriert, seit kurzem erobert sie mithilfe der Accessoire-Designerin Katie Hillier das lukrative Taschensegment, nächstes Projekt: E-Commerce.

Über Nacht gekommen ist der Erfolg der Chitose Abé, Jahrgang 1965, nicht. Acht Jahre lang arbeitete die Designerin bei Comme des Garçons, bevor sie 1998 ihr Label Sacai launchte. Die Designerin baut ihr Label wohlüberlegt auf. Diese Strategie hat sich schon vor mehr als 35 Jahren bewährt. Auch Issey Miyake, Yohji Yamamoto, Rei Kawakubo, die Heroen japanischen Modedesigns, gingen die Eroberung der europäischen Modehauptstadt Paris in aller Ruhe an. Als Kawakubo 1981 ihre erste Comme-des-Garçons-Show in Frankreich zeigte, war sie knapp vierzig Jahre alt, die Mode ihres 1969 gegründeten Labels bereits in 150 japanischen Shops erhältlich.

Japan-Mythos

Der Schritt nach Übersee hat sich gelohnt, und zwar langfristig. Miyake, Yamamoto, Kawakubo sind heute ein Mythos, noch immer werden sie in den Museen mit großen Ausstellungen wie "30 Jahre japanische Mode" im Münchener Haus der Kunst gefeiert. Die Japaner hatten Anfang der Achtziger Jahre die westliche Welt mit Kollektionen überrollt, die im Ausland seither das Bild von "japanischer Mode" prägen. Damals wurde die körperferne und dekonstruktivistische Mode als revolutionär gefeiert. Und heute?

"Wenn im Ausland von japanischer Mode geredet wird, sind oft noch immer Comme des Garçons, Yamamoto, Kenzo und Miyake gemeint", sagt der in Wien lebende japanische Designer Taro Ohmae. Das kann die österreichische Designerin Edwina Hörl, die seit mehr als 15 Jahren in Tokio lebt und arbeitet, bestätigen. Gerade werde Yohji Yamamoto von jungen Männern wieder entdeckt. Nicht nur das. Miyake, Yamamoto, Comme des Garçons sind heute die wichtigsten Arbeitgeber des Modenachwuchses.

Rund achtzig Prozent der Abgänger des Bunka College in Tokio beginnen direkt nach ihrem Uni-Abschluss, bei großen Modehäusern zu arbeiten, viele von ihnen sammeln erste Erfahrungen bei den einstigen Heroen. "Nachdem man bei Yamamoto oder Comme des Garçons gearbeitet hat, bekommt man überall einen Job", erklärt Hörl. Bei Modeketten wie Muji oder Uniqlo zum Beispiel.

Zweite Designer-Generation

Längst ist aus den Reihen der renommierten Ausbildungsstätte eine zweite Designer-Generation hervorgegangen: Junya Watanabe, Jun Takahashi von Undercover, Junichi Abe von Kolor (er ist der Ehemann der Sacai-Designerin), Hiromichi Ochiai von Facetasm und Limi Yamamoto (Tochter von Yohji Yamamoto) von Limi Feu sind allerdings nicht so prominent wie die erste Mode-Generation.

Vielleicht auch, weil ihre Ästhetik vom Westen nicht mehr als fremd wahrgenommen wird: Der japanische Konzeptualismus komme bei dieser Generation leichtfüßiger und weniger ernsthaft daher, die neuen Designer spielten mit "Farbe, Rüschen und Sexualität", heißt es in Bonnie Englishs Buch "Japanische Modedesigner".

Symptomatisch ist die Karriere von Limi Yamamoto, der Tochter von Yohji. 2008, acht Jahre nach der Gründung ihres Labels Limi Feu, zeigte sie ihre erste Show in Paris. Wie sie und Chitose Abé lassen sich viele Designer mit dem Aufbau ihres Business einige Jahre Zeit, bevor sie in Übersee ihre Mode zeigen. Das funktioniert, weil es übermäßig viele Multibrand-Stores gibt. "Japan ist ein modekauffreudiges Land, es genügt, wenn man sich auf den heimischen Markt konzentriert", meint Edwina Hörl, die mit ihrer Mode allein in Japan in mehr als sechzig Shops vertreten ist. Mit Modelabels wie Sacai, Toga, Color, Anrealage, Sunsea, Mame gibt es zwar heute eine jüngere Generation an international relevanten Designern aus Japan. Echte Superstars sind sie aber keine, das Gros der Namen kennt nur das Fachpublikum.

Japanische Mode aus Paris

Japanische Mode entdeckt man heute nicht mehr nur auf dem Inselstaat. Das 2005 gegründete Mode- und Musiklabel Maison Kitsuné beispielsweise ist in Paris zu Hause. Die Idee einer französisch-japanischen Lifestyle-Fusion kam dem Daft-Punk-Manager Gildas Loaëc und dem Architekten Masaya Kuroki während einer Tokio-Reise mit Daft Punk. "Die frühen japanischen Concept-Stores haben uns zu unserem Lifestyle-Brand inspiriert", der japanische Touch des Labels lasse sich an der Bewunderung amerikanischer und französischer Styles ablesen, erklärte Kuroki dem Webmagazin "Business of Fashion". Das kommt in Tokio gut an. Anfang letzten Jahres wurde Shop Nummer drei eröffnet. (Anne Feldkamp, RONDO, 15.1.2017)