Graz/Kapfenstein – Im Prozess um zwei Tote bei illegaler Böllerherstellung sind am Donnerstag in Graz alle acht Angeklagten wegen vorsätzlicher Gemeingefährdung verurteilt worden. Der Auftraggeber erhielt acht Jahre Haft, die übrigen zehn Monate bis sechs Jahre, teilweise bedingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Zwei Händler wurden noch im Saal festgenommen, weil sie in einer Pause Böller wegschaffen wollten.

Die Explosion hatte sich im November 2014 in Kapfenstein (Bezirk Südoststeiermark) ereignet. Zwei Brüder waren mit der illegalen Produktion von Knallkörpern beschäftigt, als das Gemisch in die Luft flog. Der eine Bruder sowie der Vater der beiden war sofort tot, das Gebäude wurde verwüstet.

Nach langen Ermittlungen wurden neun Personen vor dem Straflandesgericht Graz angeklagt, eine davon wurde bereits am ersten Verhandlungstag heuer im Oktober wegen falscher Beweisaussage verurteilt. Die anderen acht mussten sich – nach Ausweitung der Anklage durch Staatsanwalt Alexander Birringer – vor allem wegen vorsätzlicher Gemeingefährdung verantworten.

Angehörige angeklagt

Als Hauptschuldiger wurde der 33-jährige Chef einer Pyrotechnik-Firma angesehen, der die illegale Produktion von Sprengkörpern in Auftrag gegeben haben soll. Ebenfalls beschuldigt sind der Bruder und Sohn der beiden Toten, Händler sowie eine Hilfskraft.

Der Sprengstoffsachverständige John Josef Eberhardt schilderte die extreme Gefährlichkeit der privaten Sprengstoffproduktion, die "jede sicherheitstechnische Grundlage" überschritten. Die Detonation sei so gewaltig gewesen, dass Körperteile der beiden getöteten Männer bis zu 40 Meter weit weggeschleudert wurden. Am Ort des Unglücks wurde eine Art Fertigungsstraße entdeckt, auf der die Metallknallsätze – sogenannte Blitzknaller – hergestellt wurden. Hauptbestandteile waren Aluminiumpulver und Kaliumperchlorat, was an sich schon ein "sehr zündfreudiges" Gemisch ergebe, sagte Eberhardt. Offenbar wurde auch Schwefel beigemischt, wodurch sich die Zündungsfreudigkeit der Knallkörper noch erhöht hat.

Der Staatsanwalt prangerte in seinem Schlussplädoyer das "rücksichtslose Vorgehen der Angeklagten" an. "In dieser Szene herrscht absolut kein Unrechtsbewusstsein, es ist nur auf den Profit angekommen", war der Ankläger überzeugt. Er schilderte das "rücksichtslose Vorgehen" der Böller-Hersteller, die sogar Kinder mithelfen ließen. Auch nach der verheerenden Explosion war die Gefahr im Bereich der Produktionsstätte noch hoch gewesen, "die Sicherheitskräfte mussten unter Einsatz ihres Lebens aufräumen."

Der Anwalt des Hauptangeklagten, eines ehemaligen Pyrotechnik-Händlers, beteuerte, sein Mandant habe nichts mehr mit dieser Szene zu tun. "Er hat seinen besten Freund und dessen Vater verloren", gab der Verteidiger zu bedenken. Anschließend war der Anwalt der beiden Händler am Wort, der für seine Mandanten einen Freispruch forderte. Der einzige Belastungszeuge sei der Hauptangeklagte, dessen Glaubwürdigkeit dem Anwalt nicht ganz überzeugend schien. Die Händler und der Unternehmer hatten einen heftigen Streit, wie auch Telefonprotokolle bewiesen. Vor Gericht saß auch eine Hilfskraft, die laut Verteidiger "nur einmal beim Einpacken geholfen hat". Sie war die Lebensgefährtin des einen Toten "und wird darunter sowieso ein Leben lang zu leiden haben."

Der mutmaßliche Auftraggeber und Ex-Chef einer Sprengkörper-Firma wurde zu acht Jahren Haft verurteilt. Jeweils sechs Jahre gab es für zwei Händler – Vater und Sohn. Diese wurden am Donnerstagabend noch im Gerichtssaal von der Polizei festgenommen – sie hatten in einer Verhandlungspause zu Mittag versucht, aus einem Lager rund 6.000 Böller beiseitezuschaffen. Allerdings hatte da schon die Polizei auf sie gewartet.

Als einzige kam die Frau, die nur beim Verpacken dabei war, mit einer bedingten Strafe (zehn Monate) davon. Sie war die Lebensgefährtin des einen Toten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (APA, 12.1.2017)