Bis Sommer 2014 galt die Anlage am Kulmkogel (1.123 m) als größte Naturschanze der Welt. Beim Umbau wurde der Schanzentisch angehoben und nach hinten verlegt. Weltrekordhoffnungen erfüllten sich nicht.

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Neuper beklagt Registrierkassen und Compliance-Richtlinien.

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Schröcksnadel: "Das Skifliegen findet sicher wieder statt."

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Bad Mitterndorf / Wien – Zuerst die gute Nachricht. Hubert Neuper hat jetzt Zeit, sich als Manager um Gregor Schlierenzauer zu kümmern, der am Freitag in Wisla in den Skisprungweltcup zurückkehrt, in Polen die Qualifikation springt. Wobei: Eigentlich hätte Neuper keine Zeit haben dürfen. Exakt an diesem Wochenende hätte nämlich, statt Wisla, das von Neuper organisierte Skifliegen am Kulm stattfinden sollen.

Der Kulm wäre freilich terminlich mit Damen-Skirennen in Österreich kollidiert. Neuper: "Daher haben wir in Abstimmung mit dem ÖSV entschieden, dass wir es nicht machen." Das ist die schlechte Nachricht, eigentlich nur der Beginn der schlechten Nachricht. Auch aus einem späteren Termin ist nichts geworden, denn im März hat der Weltverband das Norwegian Tournament mit sechs Events in Oslo, Lillehammer, Trondheim und Vikersund etabliert. Dem Fliegen in Vikersund folgt dann noch ein weiteres in Planica.

Bund, Land, Steuerzahler

So weit, so schlecht aus steirischer Sicht. Es wäre allerdings gar nicht so ungewöhnlich, wenn der Kulm tatsächlich 2018 an die Reihe kommt, er hat auch früher immer wieder eine Saison ausgesetzt. Doch kürzlich ließ Neuper via "Kleine Zeitung" aufhorchen. "Ja, der Kulm ist gefährdet", sagte er da und meinte: auf Dauer gefährdet. Das wäre bemerkenswert, auch und vor allem wegen der Millioneninvestitionen, die vor der Skiflug-WM 2016 getätigt wurden. Um 4,2 Millionen Euro ist die Skiflugschanze umgebaut worden – 2,4 Millionen kamen vom Bund, 1,8 Millionen kamen vom Land Steiermark. Man kann auch sagen, 4,2 Millionen sind vom Steuerzahler gekommen.

Neuper beklagt die Anfang 2013 in Kraft getretenen Compliance-Richtlinien. Außerdem brauche er "jetzt vierzig Registrierkassen". Schon 2014 habe man mit einem Minus abgeschlossen. 2015, beim ersten Event nach dem Umbau, konnte wegen starken Windes nur an einem Tag geflogen werden. Das sei finanziell ebenfalls "eine knappe Geschichte" gewesen. Neuper relativiert die öffentlichen Investitionen. Allein 2016 habe man, sagte er der "Kleinen Zeitung", "eine Million Euro an Steuern zurückgezahlt". Dazu komme "die Umwegrentabilität für die gesamte Region".

Rekorde fallen anderswo

Der Umbau, sagen Neuper und ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, war notwendig, weil die Flugschanze nicht mehr den Fis-Richtlinien entsprach. Der ÖSV trat als Bauherr auf. Neuper hoffte, am "neuen" Kulm eine Jagd auf den Weltrekord initiieren zu können. Der Rekord lag ab 2011 bei 246,5 Metern, seit Februar 2015 liegt er, gehalten vom Norweger Anders Fannemel, bei 251,5 Metern. Die jüngsten vier Bestmarken wurden in Vikersund fixiert, zuvor stand 25 Jahre lang nur Planica in Slowenien im Rekordbuch. Der Kulm hatte einen einzigen Weltrekord erlebt, als der Deutsche Peter Lesser bei 145 Metern landete. Das war am 21. März 1965. Neupers Rekordhoffnung hat sich bis dato nicht erfüllt. Bei der WM 2016 stand der Slowene Peter Prevc auf dem Weg zum Einzeltitel den weitesten Flug (244 m).

Der steirische Sportlandesrat Anton Lang (SPÖ) versteht Neupers Sorgen und lässt mitteilen, er wolle das Skifliegen "weiterhin nach unseren Möglichkeiten unterstützen". Allerdings kann Neuper nicht davon ausgehen, dass das Land künftig für Ausfälle aufkommt. Die Steiermark müsse aufs Geld schauen, die Wirtschaft habe nicht angezogen. "Uns sind Grenzen gesetzt." Sportminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) will sich "mit Neuper zusammensetzen und Lösungen finden". Doskozil sagt dem STANDARD, das Skifliegen am Kulm sei "ein Klassiker, der im Sportkalender seinen fixen Platz haben sollte".

Gelassener Präsident

ÖSV-Chef Schröcksnadel gibt sich, anders als Neuper, gelassen und sieht das Skifliegen "nicht gefährdet. Wir müssen aber um einen geeigneten Termin kämpfen." Die Compliance-Richtlinien führten dazu, dass Sponsoren ihre Kunden nicht mehr im großen Stil einladen dürfen. "Das ist natürlich Blödsinn und erschwert alles", sagte Schröcksnadel dem STANDARD. "Aber wir leben in Österreich, damit müssen wir umgehen." Die Richtlinien gab's ja auch schon, als die Schanze am Kulm umgebaut wurde.

Von einem etwaigen Rechnungshofbericht in absehbarer Zeit wäre Schröcksnadel kaum betroffen. Er glaubt auch nicht, dass sich Bund und Land groß rechtfertigen müssen. Weil: "Das Skifliegen findet sicher wieder statt." (Fritz Neumann, 13.1.2017)