Wien – Der österreichische Presserat konstatiert aufgrund eines Artikels auf "krone.at" einen geringfügigen Verstoß gegen Punkt 12 des Ehrenkodex für die österreichische Presse (Suizidberichterstattung). Konkret geht es um den Artikel "Asylwerber wirft sich vor Straßenbahn", der am 15. Oktober auf "krone.at" erschienen ist.

Im Artikel wird berichtet, dass sich ein 23-jähriger Asylwerber aus Syrien vor eine Straßenbahn gelegt und auf die Motorhaube eines Autos geworfen habe. Nachdem er auf die Straßenbahn geklettert sei, habe er außerdem versucht, durch Anfassen der Hochspannungsleitung einen Stromschlag zu bekommen. Bis zum Eintreffen der Polizei sei er von Zeugen festgehalten worden. Er sei schließlich ins Spital gebracht worden, es bestehe der Verdacht einer Psychose, beschreibt der Presserat in einer Aussendung den Fall.

Stein des Anstoßes ist ein Video des Vorfalls sowie mehrere dem Video entnommene Standbilder, die dem Artikel beigefügt wurden. Ein Leser kritisiert, dass hier der Suizidversuch eines Menschen öffentlich gemacht worden sei.

Der Senat 2 des Presserats kommt zum dem Schluss, dass "gemäß Punkt 12 des Ehrenkodex über Suizide und Suizidversuche zurückhaltend zu berichten ist. Dabei spielt auch die Nachahmungsgefahr eine Rolle: Die Veröffentlichung von Bildmaterial, das die Suizidmethode und den Ort, an dem sich der Suizidversuch ereignet hat, zeigt, kann bei anderen suizidgefährdeten Personen dazu führen, auf eine ähnliche Art und Weise Suizid zu begehen."

Im Artikel werde nicht ausdrücklich von einem Suizidversuch gesprochen, informiert der Presserat weiter, sondern bloß angemerkt, dass beim Betroffenen der Verdacht auf eine Psychose bestehe. Auch im Fall eines psychotischen Anfalls sei der Senat der Ansicht, dass ein Medium mit der Veröffentlichung von Bildmaterial prinzipiell zurückhaltend sein sollte. (red, 13.1.2017)