Asylsuchende in einem Zimmer des Flughafensozialdienstes.

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Schwechat/Wien – Das Ende der Zusammenarbeit sei "völlig überraschend" gekommen, sagt Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas in Wien, zum Standard: "Das Schreiben aus dem Innenministerium erreichte uns am 2. Dezember 2016. Darin stand, dass wir unsere Arbeit beim Flughafensozialdienst mit 31. Dezember beenden müssten – nur 29 Tage später."

29 Tage, so Schwertner, seien eine sehr kurze Frist nach 13 Jahren vertraglich fixierter Kooperation. Für die Übergabe an die Nachfolger, um Asylsuchende und andere im Sondertransit des Wiener Airports gestrandete Menschen zu betreuen, sei nur wenig Zeit gewesen. Die Schweizer Flüchtlingsbetreuungsfirma ORS habe die Agenden höchst rasch übernehmen müssen.

An der Airport-Peripherie

Diese bestehen in dem zweitstöckigen Gebäude des Flughafensozialdienstes an der Airport-Peripherie, dem sogenannten Objekt 800, in Verpflegung und Versorgung, rechtlicher Information und Perspektivenabklärung sowie Krisenintervention und Rückkehrberatung für bis zu 35 Menschen. Untergebracht sind diese in zwölf mit Stockbetten ausgestatteten Klientenzimmern. Im ersten Halbjahr 2016 betreute die Caritas im Sondertransit 389 Menschen.

Neben zwei Küchen und einem Aufenthaltsraum gibt es auch einen kleinen Innenhof im Freien. Verlassen dürfen die Untergebrachten den Sondertransit nicht, denn offiziell sind sie noch nicht in Österreich eingereist. Wie es rechtlich mit ihnen weitergeht, also ob sie in Österreich etwa einen Asylantrag einbringen können, muss – in Kooperation mit dem UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR – erst entschieden werden. Bei über 90 Prozent wird dem letztlich stattgegeben.

Ursprünglich eine NGO

Gegründet wurde der Flughafensozialdienst in den 1990er-Jahren auf Initiative privater Aktivisten. 2003 schloss das Innenministerium erstmals einen Fördervertrag mit der Caritas für die genannten Tätigkeiten ab. In den vergangenen Jahren erhielt die Caritas dafür je 160.000 Euro. Der Fördervertrag für 2017 hätte laut einem Sprecher des Innenministeriums eine Summe von 190.000 Euro umfasst.

Wie viel Geld für die Airport-Arbeit künftig an die Firma ORS fließen wird, war dort am Freitag nicht zu erfahren. Überhaupt gab es firmenseitig zu der Übernahme "keinen Kommentar". Fest steht, dass ORS im Jahr 2012 einen Rahmenvertrag mit dem Innenministerium abgeschlossen hat, mit dem der Firma die Betreuungsagenden in den Bundesbetreuungsstellen Traiskirchen, Reichenau, St. Georgen und Bad Kreuzen übernimmt. Die Laufzeit des Rahmenvertrags ist unbefristet.

Ministerium sieht Wechsel pragmatisch

Die Arbeitsaufnahme beim "Sozialdienst am Flughafen Wien" wird in dem Regelwerk als "Option" miterwähnt. Diese Option sei nun eben gezogen worden, meint dazu ein Insider. Auch im Innenministerium kommentiert man den Wechsel pragmatisch: "Das neuerliche Förderansuchen Ende 2016 für das Jahr 2017 ist negativ beantwortet worden, weil anstelle der bisherigen Systematik nun einer stabilen, routinierten Verwaltungsstruktur der Vorrang gegeben wird", heißt es dort.

Caritas-Wien-Geschäftsführer Klaus Schwertner sieht das anders. "Sachliche Gründe hatte der Wechsel meines Erachtens keine", meint er. Schon 2012 habe es rund um den Abschluss des Fördervertrages für 2013 im Ministerium auf Kabinettsebene rumort. Letztlich sei die Kooperation aber doch weitergegangen. Wohl auch, weil vom Flughafen über das UNHCR bis hin zu den abwickelnden Beamten im Ministerium höchste Zufriedenheit mit der Arbeit bestanden habe.

"Eigeninitiative" Caritas

Das bestätigt auch Anny Knapp vom NGO-Zusammenschluss Asylkoordination. Den am Flughafen gestrandeten Menschen könnte nun "eine weniger umfassende Betreuung" ins Haus stehen, befürchtet sie – hätten doch Caritas-Mitarbeiter die Insassen zuweilen auch eigeninitiativ beraten.

Insgesamt, so Knapp, sei die Flüchtlingsbetreuungsarbeit in Österreich nun in einer einzigen Hand. Nach der Übernahme des Flughafensozialdienstes sei die Firma ORS in sämtlichen österreichischen Flüchtlingsbundesbetreuungseinrichtungen für die Insassen-Versorgung alleine zuständig, (Irene Brickner, 14.1.2017)