Bulldozer heben im Norden der jüdischen Siedlung Efrat, nahe Betlehem im Westjordanland, Erde für neue Wohnbauten aus. Auch die Pariser Konferenz wird daran nichts ändern.

Foto: APA/FP / Menahem Kahana

Paris/Wien – Die Zielsetzung der Nahostkonferenz in Paris am Sonntag ist aus politischer Perspektive bescheiden und dennoch zu hoch angesetzt. Der israelisch-palästinensische Friedensprozess – laut internationalem Konsens mit Ziel Zweistaatenlösung – soll in Paris zurück auf die Tagesordnung gesetzt werden. Das ist natürlich der Fall. Aber die zweite Intention, nämlich Israelis und Palästinenser, wieder näher an Verhandlungen zu bringen, ist zumindest im Moment illusorisch.

Als klar wurde, dass der israelische Premier Benjamin Netanjahu keinesfalls teilnehmen würde, versuchte Frankreich ihn zu Gesprächen mit Palästinenserchef Mahmud Abbas nach der Konferenz nach Paris zu locken. Netanjahu antwortete, dass er kommen würde: falls die Konferenz abgesagt werde.

Keine Vorgaben

Die französische Regierung – das betonte Außenminister Jean-Marc Ayrault in einem Gastkommentar in "Haaretz" – habe nie vorgehabt, eine Lösung vorzugeben. Auch die "sechs Prinzipien", die John Kerry, der scheidende US-Außenminister jüngst in einer Rede aufzählte, werden im Schlussstatement der Konferenz nicht formal aufgegriffen. Aber natürlich gibt es inhaltliche Übereinstimmung: Die etwa siebzig teilnehmenden Staaten und Institutionen halten fest, dass sie keine Änderungen der 1967er-Grenze (die Waffenstillstandslinie nach dem von den Arabern begonnenen Krieg gegen Israel von 1949) akzeptieren werden, die nicht zwischen Israelis und Palästinensern ausverhandelt wurden.

Kerry, der ebenfalls in Paris sein wird, hatte die erwähnte Rede gehalten, um das US-Stimmverhalten im Uno-Sicherheitsrat am 23. Dezember zu erklären. Die USA hatten Resolution 2334 zugelassen, die den internationalen Rechtsstandpunkt festhielt, dass das Westjordanland und Ostjerusalem besetztes Gebiet und die dortige Ansiedlung israelischer Staatsbürger deshalb illegal sei. Das widerspricht der Ansicht vieler Israelis und auch Juden in der Diaspora. Ostjerusalem ist ja annektiert und gehört nach diesem Verständnis zu Israel, und das Westjordanland ist höchstens "umstrittenes Gebiet". Israel hatte ein US-Veto gegen die Resolution erwartet, die USA hatten sich jedoch enthalten, worauf sie mit 14 (von 15) Stimmen durchging.

Folgenlose Konferenz

Die Resolution hat keine direkten Konsequenzen beziehungsweise höchstens für jene Staaten, die für ihre Ja-Stimme von Israel diplomatisch abgestraft wurden. Auch die Pariser Konferenz wird folgenlos bleiben, zumal US-Präsident Donald Trump mit Sicherheit keinerlei Interesse an einem Follow-up haben wird. Schritte in der EU, bei ihrer Zusammenarbeit mit Israel zu unterscheiden, ob man es mit Israel selbst oder mit besetztem Territorium zu tun hat, hat es auch schon vor der Konferenz gegeben.

Nicht neu ist auch die französische Idee, Anreize sowohl für Israelis als auch Palästinenser zu schaffen, wieder zu verhandeln und zu einer Zweistaatenlösung zu kommen. Die EU verspricht beiden Seiten eine "besondere privilegierte Partnerschaft". Die arabischen Staaten – in Paris eingebunden – halten an ihrem 2002 vom (späteren) König Abdullah entworfenen Offert fest, dass ein israelisch-palästinensischer Friedensschluss eine völlige arabische Normalisierung mit Israel bringen soll.

Laurent Fabius' Initiative

Die französische Initiative wurde im Jänner 2016 vom damaligen Außenminister Laurent Fabius geschaffen, ein erstes Treffen fand im Juni statt. Damals wurden drei Programmbereiche geschaffen: Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Institutionenaufbau. Pierre Vimont, Exgeneralsekretär des Auswärtigen Dienstes der EU, ist der französische Koordinator.

Laut Haaretz wird das Konferenz-Statement Bezug auf Sicherheitsratsresolution 2334 nehmen, die aber nicht nur die israelische Siedlungspolitik, sondern auch palästinensische "Hetze und Gewalt" verurteilt. Selbst wenn sich die israelische Regierung – mit Mitgliedern, die weit rechts von Netanjahu stehen – plötzlich zu einem Palästinenserstaat bekehren würde, wäre das Projekt mit einer mutlosen, delegitimierten Palästinenserführung nur schwer durchzuziehen.

Die Frage ist eher, ob die Zweistaatenlösung weiter ihren langsamen Tod stirbt oder ob es in naher Zukunft dramatische Veränderungen geben wird, wie etwa eine Annexion von Teilen des Westjordanlands (Zone C) durch Israel. Angesichts der Fakten wirkt die Pariser Konferenz wie ein Schwanengesang auf die Zweistaatenlösung, ein letztes Aufbäumen. Was die Alternativen sind und bedeuten, wird sich zeigen. (Gudrun Harrer, 14.1.2017)