Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil und Bundeskanzler Christian Kern inspizieren die Luftraumüberwachungszentrale im Regierungsbunker

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Salzburg – Dem Bundeskanzler war anzusehen, dass er beeindruckt war: Nach einer langen Fahrt durch einen Tunnel landete er in der "EZB", der als Staatsgeheimnis gewerteten Einsatzzentrale Basisraum. Das ist jener geheimnisumwitterte Bunker, der vor 30 Jahren – noch war man im Kalten Krieg – als zentrales Element des Luftraumüberwachungssystems Goldhaube in Betrieb genommen wurde. Von hier aus werden die Abfangeinsätze der österreichischen Luftwaffe befehligt; hier stehen auch jene Computer, die das Ausweichsystem der IT-Infrastruktur des Bundes darstellen, gleich nebenan stehen die Ausweichsysteme von Europol und die Backup-Rechner des Schengen-Systems.

Planungen für einen Atomkrieg

Im Volksmund heißt die Einrichtung einfach "Regierungsbunker" – in der ursprünglichen Konzeption war daran gedacht, dass im Falle eines Atomkrieges ein handlungsfähiger Teil des österreichischen Rechtsstaats im Bunker ausharren sollte. Was nach einem solchen Krieg sein würde, wollte man gar nicht wirklich weiterdenken – nur dass es Österreich in jedem Fall weiter geben sollte, das galt als ausgemacht.

Vielfach wurde es für ein Privileg gehalten, dass einige Politiker im Bunker überleben sollten, es kursierten Gerüchte über die Luxusausstattung – in Wahrheit handelt es sich um ein paar Arbeitszimmer und ein paar Schlafkojen in der Größe eines Schlafwagenabteils, in denen sich jeweils drei Personen für acht Stunden ausruhen könnten. Nur dem Bundespräsidenten stünde ein Einzelabteil zu.

Erster Kanzlerbesuch in 30 Jahren

Bundeskanzler Christian Kern hatte von dem Bunker natürlich schon gehört – als er ihn am Montag zum ersten mal (und als erster Kanzler seit Franz Vranitzky 1987) besuchte, witzelte er zunächst, dass er sich ein Kim-Wilde-Poster mitnehmen würde, um seine Koje heimeliger zu gestalten. Und auch das Büro, das der Kanzler dann inspizierte, wirkte kahl – ein Schreibtisch und ein Telefon sind drinnen. Ein Austria-Wien-Poster würde er sich da auch mitnehmen, meint Kern. Aber immerhin sei das Mini-Büro freundlicher als das dunkle Arbeitszimmer, das einem Bundeskanzler im Parlament zur Verfügung steht.

Aber der eigentliche Anlass des Kanzler-Augenscheins in dem tief in das Gebirge gebauten Bunkers ist das World Economic Forum in Davos. Österreichs Bundesheer kooperiert hier eng mit der Schweizer Luftwaffe, um die Sicherheit des hochrangigen Treffens zu gewährleisten – weder sollen Terroristen mit einem Großflugzeug in die Sicherheitszone eindringen können, noch sollen sie die Chance haben, mit Klein- und Kleinstflugzeugen die Radarsysteme zu unterfliegen.

16 Stunden Eurofighter-Betrieb pro Tag

Daher haben beide Luftwaffen Fluggeräte unterschiedlicher Größe bereitgestellt, um jegliche Luftraumverletzung rechtzeitig abstellen zu können – im Übungsbetrieb hat die grenzüberschreitende Operation Daedalus in der Vorwoche jedenfalls funktioniert. 300 Flugstunden – darunter 16 bis 18 Eurofighter-Flugstunden pro Tag – sollen in dieser Woche geflogen werden, aus Sicht des österreichischen Airchiefs Brigadier Karl Gruber ist dieser Einsatz auch deshalb wichtig, weil damit andere Übungen eingespart werden können.

Erstmalig wurden zwischen den österreichischen Eurofightern und den Schweizer F-18-Hornets die Datalinks verbunden – durch die Verlinkung der Radarsysteme kann der Luftraum rund um Davos wesentlich effizienter überwacht werden.

Nacheile über die Grenze

Aber die österreichisch-eidgenössischen Pläne gehen noch weiter: Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil möchte noch in diesem Jahr ein Nacheile-Abkommen mit der Schweiz schließen, das es den Luftwaffen beider Staaten erlaubt, im Falle einer Abfangjagd unbekannte, entführte oder feindliche Flugzeuge auch in den Luftraum des Nachbarlandes zu verfolgen. Die Polizei auf dem Boden hat derartige Rechte im gesamten Schengen-Raum, im Luftraum war man da bisher zurückhaltend und hat so etwas nur bei gemeinsamen Aktionen wie eben Daedalus erlaubt.

Doskozil macht klar, dass er das mit allen Nachbarstaaten vereinbaren und in Staatsverträgen festhalten will. Bundeskanzler Kern hat ihm Unterstützung für das Vorhaben zugesichert. Mehr noch: Im Bunker hat er das Versprechen abgegeben, dass er das Verteidigungsbudget in eine vernünftige Höhe bringen will – da habe die SPÖ ihre Perspektive verändert. Und das wiederum spüre er am gewachsenen Selbstbewusstsein, mit dem das Bundesheer auftritt. (Conrad Seidl, 16. 1. 2017)