Für viele ist Alaska Schnee und Eis, soweit das Auge reicht. Für die Wintermonate mag das auch stimmen, aber im Sommer ist es in Alaska bis zu 20 Grad warm und die Landschaft bietet eine vielfältige Flora. Für mich war Alaska vor allem immer eines: "Into the Wild". Nichts brachte ich so sehr mit diesem US-Bundesstaat in Verbindung wie die Verfilmung des Lebens des Abenteurers und Aussteigers Christopher McCandless.

Unser Roadtrip führte meine Weggefährtin Elisabeth und mich nicht nur nach Healy, dem Ausgangspunkt für die Wanderung zum Magic Bus – in dem McCandless den Großteil seiner Zeit in der Wildnis verbachte –, sondern auch an viele andere Orte wie Valdez, Homer, Anchorage und Fairbanks.

Foto: Philipp Grill

Valdez war der Ausgangspunkt für eine Bootsfahrt zum Columbia Glacier. Dort angekommen, hieß es runter vom motorisierten Boot und rein ins Kajak. Mehrere Stunden paddelten wir zwischen Eisschollen herum, bevor wir wieder aufgesammelt und zurück nach Valdez gebracht wurden. Die Nacht verbrachten wir im Bear Paw RV Park – nicht ahnend, dass der Name vom Park wohl ein Omen war. Denn als ich am nächsten Morgen eine Runde Laufen ging, war es so weit:

Ich hatte meine erste und einzige Begegnung mit Meister Petz. Während wir bei Wanderungen immer mit einer solchen Begegnung rechneten, war ich in diesem Moment alles andere als darauf vorbereitet, meinen ersten Bären in freier Wildbahn zu sehen. Als der Bär ein paar Meter vor mir aus den Büschen trabte, legte ich eine Vollbremsung hin, sah ihn kurz an, machte kehrt und gab Fersengeld. Dem Bären hingegen war mein Wendemanöver nur einen kurzen Blick wert, bevor er gemächlich seines Weges schritt.

Warum es sich lohnt, bis ans Ende der wohl längsten Sackgasse der Welt zu fahren.

Foto: Philipp Grill

Sobald man zwischen Wasilla und Palmer in Richtung Homer abbiegt, gibt es nur noch einen Landweg retour, und zwar jenen, auf dem man gekommen ist. Um diesen Weg zu vermeiden, kann man die einzige alternative Route nehmen: Die per Schiff. Von der Abzweigung bis nach Homer, dem letzten Ort der Sackgasse, sind es mehr als 410 Kilometer. Wenn man bedenkt, dass die Strecke von Wien nach Bregenz 619 Kilometer beträgt, dann ist das eine ziemlich lange Sackgasse. Da Homer aber eine kleine Perle ist und sich auch entlang der Strecke viel Sehenswertes findet, sollte man an dieser Abzweigung nicht einfach vorbei fahren. In Homer sahen wir jedenfalls den schönsten Sonnenaufgang unserer gesamten Alaskareise. Er war extrem kitschig und mit den für Alaska typischen Wasserflugzeugen dekoriert.

Exit Glacier, einer jener sehenswerten Zwischenstopps am Weg nach Homer.

Foto: Philipp Grill

Nächster Aufenthalt: Healy. We now walk into the wild.

Der Bus, in dem McCandless viel Zeit verbrachte und letzten Endes auch starb, existiert noch immer. Fasziniert von seiner Person und seinem Leben war es für uns klar, dass wir in Alaska auf seinen Spuren wandeln wollten. Bevor es jedoch losging, war eine ausführliche Recherche angesagt, und es war schnell klar, dass es kein gemütlicher Spaziergang werden würde.

Alleine der Hinweg vom Parkplatz zum Magic Bus beträgt 32 Kilometer. Hin und retour stand uns also eine 64 Kilometer lange Wanderung bevor. Meistens werden für die Wanderung drei Tage veranschlagt. Unser Ziel war es jedoch, nur einen Tag dafür zu benötigen. Ein ambitioniertes, aber für sportliche Personen durchaus machbares Vorhaben. Was uns viel mehr beunruhigte als die Distanz, waren die zwei zu querenden Flüsse – vor allem aufgrund der anhaltenden Regenfälle. Obwohl wir auf eine Regenpause hofften, mussten wir letzten Endes mitten in der Nacht bei Regen aufbrechen. Die ersten Kilometer waren kein Problem. Es war so etwas wie ein Weg vorhanden und abgesehen von der einen oder anderen Riesenpfütze, deren Umgehung aufgrund der dichten Vegetation abseits des Weges meist nicht möglich war, gab es nichts zu bemängeln. Leider stand wenig später bereits der gesamte Weg unter Wasser.

Foto: Philipp Grill

So waren uns wenigstens die bevorstehenden Flussüberquerungen egal. Unsere Füße und unsere Kleidung waren ohnehin schon komplett durchnässt und das einzig Trockene war der Inhalt unseres Dry Bags. Während es noch ein Leichtes war, den Savage River zu überqueren – hier reichte uns das Wasser bis zur Hüfte – war der Teklanika River ein ganz anderes Kaliber. Der Fluss, der McCandless zum Verhängnis geworden war, ließ auch uns seine Stärke spüren.

Angeschwollen durch die starken Regenfälle der letzten Tage, wurde er zu einem unüberwindbaren Hindernis. Obwohl ich an mehreren Stellen Versuche unternahm, den Fluss zu überqueren, gelang es mir nicht. Das Wasser stand mir, bevor ich überhaupt die Mitte des Flusses erreichen konnte, jedes Mal bereits bis zur Brust und der Fluss begann mich mitzureißen. Nach einer Stunde und unzähligen Überquerungsversuchen mussten wir schließlich traurig und enttäuscht den Rückweg antreten. Wie auch McCandless verwehrte uns der Teklanika River den Weg. Wieder beim Parkplatz am Ausgangspunkt angekommen, informierten wir noch andere Camper über die Aussichtslosigkeit ihres Vorhabens und machten uns wieder auf den Weg nach Healy.

Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende.

Dort zurück, erkundigten wir uns nach anderen Möglichkeiten, um zum Bus zu gelangen. Doch bei diesen Witterungsverhältnissen gab es keine andere Option, als auf dem Landweg dorthin zu gelangen. Aber natürlich könnten wir, so sagte man uns mit zwinkerndem Auge, per Hubschrauber hinfliegen. Niemals hätten wir am Anfang nur eine Sekunde daran gedacht, die Wanderung nicht auf eigenen Füßen zu machen und uns wie faule Touristen zum Bus fliegen zu lassen. Da wir aber beide nicht wussten, was unser Leben noch für uns vorsieht und ob wir jemals wieder nach Alaska zurück kommen würden, war uns das in dieser Situation egal. So stiegen wir am nächsten Tag in den Hubschrauber und konnten trockenen Fußes den Magic Bus erkunden. Obendrein waren wir ganz alleine an diesem magischen Ort. (Philipp Grill, 24.1.2017)

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