Gerade nach den Feiertagen wollen viele ihren Körper reinigen. Schädliche Stoffe sollen mit Flüssigkeiten weggewaschen werden.

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Gerade nach Neujahr verspüren viele Menschen den Drang, ihren Körper zu entgiften. "Detox" lautet das dazu passende Schlagwort im 21. Jahrhundert. Doch was gut gemeint ist, kann auch negative Folgen haben. Das zeigt der Fall einer 47-jährigen Frau, die Anfang des neuen Jahres mit lebensbedrohlichen Komplikationen nach einer Detox-Kur im Krankenhaus behandelt werden musste.

Im Zuge ihres Entschlackungsprogramms nahm die Britin viel Flüssigkeit und verschiedene pflanzliche Wirkstoffe zu sich, beschreiben Ärzte des britischen Milton-Keynes-Spitals den Fall in den Case-Reports des "British Medical Journal".

Im konkreten Fall verzehrte die Britin vor allem große Mengen Baldrianwurzel, was nicht ohne Nebenwirkungen blieb. Neben verwirrtem Verhalten knirschte die Frau wiederholt – für einen Zeitraum von über einer Stunde – mit den Zähnen, bevor sie schlussendlich zusammenbrach.

Mehr Durst

Die Familie gab an, die Frau habe in den vergangenen Tagen ein erhöhtes Durstgefühl verspürt und daraufhin auch mehr Wasser und Tee getrunken. Als übertrieben hätten sie dieses Verhalten jedoch nicht wahrgenommen, so die Angehörigen.

Schon zuvor hatte die Britin immer wieder pflanzliche Wirkstoffe gegen verschiedene Symptome zu sich genommen, darunter Mariendistel, Molkosan, Theanin, Glutamin, Vitamin-B-Präparate, Eisenkraut, Salbei, Grüntee und Baldrianwurzel.

In der Vergangenheit, so erzählte die Patientin nach ihrer Genesung selbst, habe sie unter erhöhtem Stress und schlechter Stimmung gelitten und deshalb immer öfter alle Wirkstoffe zusammen eingenommen.

"Die anfängliche Verwirrung", so die Ärzte, "wurde durch eine Hyponatriämie verursacht, einen Zustand, der auf einen zu niedrigen Natriumgehalt im Blut zurückzuführen ist." Anfangs sei jedoch unklar gewesen, was diesen Zustand verursacht habe, so ihr Bericht.

Nach einiger Zeit fanden die Ärzte jedoch einen ähnlichen Fall: Bei einem männlichen Patienten kam es ebenfalls durch Hyponatriämie zu wiederholten Anfällen. Seine Symptome entwickelten sich, nachdem er große Mengen pflanzlicher Wirkstoffe zu sich genommen hatte, etwa Baldrianwurzel, Zitronenmelisse, Passionsblume, Hopfen und Kamille.

Schwelle beeinflusst

"In beiden Fällen", so die Ärzte, "kann nicht allein die erhöhte Flüssigkeitszufuhr für die niedrige Natriumkonzentration im Blut verantwortlich sein." Dazu hätten die Patienten, die beide über gesunde Nieren verfügten, mehr als zehn Liter Flüssigkeit täglich zu sich nehmen müssen. Die Mediziner vermuten in ihrem Bericht aber, dass die Einnahme von Baldrianwurzel diese Zehn-Liter-Schwelle beeinflusst haben könnte. "Baldrianwurzel konnte nun bereits in zwei Fällen mit einer lebensbedrohlichen Hyponatriämie assoziiert werden. Medizinisches Personal sollte in solchen Fällen daher wachsam sein", so die Empfehlung der Ärzte.

Ob Baldrianwurzel tatsächlich für die lebensbedrohliche Situation der beiden Patienten verantwortlich war, muss durch wissenschaftliche Untersuchungen festgestellt werden, so die Ärzte weiter.

Dennoch geben die Mediziner zu bedenken: "Alternativmedizin ist in Großbritannien sehr beliebt, und Detox-Kuren, die auf pflanzlichen Wirkstoffen basieren, sprechen weniger jene Menschen an, die sich für evidenzbasierte Medizin interessieren, als jene, die sich für Alternativmedizin begeistern."

Den Körper waschen

Exzessive Wasserzufuhr als eine Methode, um "den Körper zu reinigen und zu entschlacken", sei außerdem eine beliebte Kur, hinter der die Idee steht, schädliche Abfallprodukte könnten so aus dem Körper gewaschen werden.

Die Autoren empfehlen Ärzten, ihre Patienten auf die Gefahren von Detox-Kuren aufmerksam zu machen, besonders wenn dabei übermäßig hohe Dosen alternativer Wirkstoffe konsumiert werden. Zudem warnen sie davor, dass "entgegen der üblichen Marketingstrategien auch rein natürliche Produkte nicht ohne Nebenwirkungen sind". (red, 22.1.2017)