Keine Frau wird in den Wiener Frauenhäusern abgewiesen – auch wenn es rund um Feiertage immer wieder zu Platzknappheit kommt.

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Wien – Fehlt in Wien ein fünftes Frauenhaus? In den vier bestehenden Frauenhäusern habe man wegen höheren Bedarfs über Weihnachten und Neujahr einzelne Bewohnerinnen in Zimmern zusammenlegen müssen, schildert Andrea Brem, Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser.

"Längerfristig" brauche es in Wien durchaus zusätzliche Frauenhausplätze, heißt es dazu aus dem Büro der zuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ). Die Platzknappheit in einer Zeit des Jahres, in der es erfahrungsgemäß zu mehr Gewalt von Männern gegen Frauen und Kinder in Beziehungen komme als sonst, zeige dies. Wichtig für betroffene Frauen jedoch sei: "Weggeschickt wird keine."

Wiener Bevölkerungsplus

Hintergrund des Zusatzbedarfs an geschützten Unterkünften ist das rapide Bevölkerungswachstum in Wien. Allein zwischen 2015 und 2016 erhöhte sich die Einwohnerzahl von 1.797.337 auf 1.840.572.

Laut der Istanbul-Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen soll es pro 10.000 Einwohner und Einwohnerinnen einen Frauenhausplatz geben. Wien übererfüllt diese Vorgabe mit 175 Plätzen sowie 54 Plätzen in Übergangswohnungen, in denen Betroffene nach dem bis zu sechsmonatigen Frauenhausaufenthalt längerfristig leben können und nachbetreut werden.

Mangel im Mühl- und im Waldviertel

Damit sei die Versorgung mit geschützten Unterkünften in der Bundeshauptstadt weit besser als in manch ländlicher Region, sagt Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, AÖF. Mängel an Frauenhausplätzen gebe es etwa nach wie vor im Mühl- und im Waldviertel. Österreichweit stünden für 8.474.000 Einwohner 766 Frauenhausplätze zur Verfügung – rund 80 Plätze zu wenig.

Zusätzlich verstärkt würden die Kapazitätsprobleme durch die steigenden Wohnkosten, sagt Rösslhumer. "Je teurer Wohnungen sind, umso schwieriger ist es für Frauen, aus dem Frauenhaus in eigene vier Wände umzuziehen." Tatsächlich ist dieses Problem in Regionen mit vergleichsweise hohen Wohnkosten groß. Eine Nachbetreuung, wie sie in Wien existiert, könne die Lage entschärfen, meint Rösslhumer.

Ein Drittel aller Frauenhausbewohnerinnen kehre wieder zum Misshandler zurück, erläutert sie. Viele, weil sie dem Mann doch noch eine Chance geben wollen, aber viele auch, weil sie keine selbstständige Existenzperspektive hätten. Vor allem Migrantinnen, die über kein mit vielen Österreicherinnen vergleichbares Verwandtschafts- und Unterstützungsnetz verfügten, befänden sich häufig in einer solchen Zwangslage.

70 Prozent Migrantinnen

Über 70 Prozent der Frauenhausbewohnerinnen seien Migrantinnen, sagt die Wiener Frauenhaus-Geschäftsführerin Brem. Österreicherinnen wehrten sich häufiger per Wegweisung und einstweiliger Verfügung gegen gewalttätige Beziehungspartner, sagt sie; in diesen Fällen sind es die Männer, die vorübergehend die gemeinsame Wohnung verlassen müssen.

Doch auch immer mehr Frauen mit Fluchthintergrund würden diese Möglichkeiten nutzen, um zerstörerischen Beziehungen zu entkommen, schildert Rosa Logar, Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie. Bei der Interventionsstelle, die gesetzlich dafür zuständig ist, Frauen zu beraten, nachdem die Polizei eingeschaltet wurde, habe es 2015 diesbezüglich "einen ziemlichen Anstieg gegeben. Wir haben 116 Afghaninnen, 36 Irakerinnen und 31 Syrerinnen beraten." (Irene Brickner, 19.1.2017)