Wien – "Mangelhaft behandelte chronische Schmerzen sind weltweit ein Thema. Die negativen Auswirkungen chronischer Schmerzen auf die Betroffenen und ihre Angehörigen sind enorm", kritisiert Hans-Georg Kress, Leiter der Abteilung für Spezielle Anästhesie und Schmerztherapie der MedUni Wien am AKH, die derzeitige Situation. Aus diesem Grund haben er und seine Kollegen ein neuen Positionspapier zur richtigen Anwendung von Opioiden vorgelegt.

"20 Prozent der Menschen in Europa leiden an chronischen Schmerzen. Häufig sind chronische Schmerzzustände vor allem bei Frauen und im höheren Alter", heißt es in dem Positionspapier. Die Autoren orten aber auch gravierende Behandlungsdefizite: Bei einem Gutteil der Patienten sind ihre quälenden Symptome nicht oder nicht ausreichend abgeklärt und auch nicht ausreichend behandelt.

Daran seien den Experten zufolge mehrere Faktoren schuld: Einerseits glauben noch immer viele Menschen, dass chronische Schmerzen einfach "zu ertragen" wären, andererseits mangelt es auf Seiten der Ärzte oft noch an entsprechender Ausbildung und Information. Dies gilt vor allem für die medizinische Versorgung außerhalb der Spitäler. Ein weiteres Problem: "Nur eine Minderheit der Patienten in Europa haben Zugang zu spezialisierten Schmerzeinrichtungen. Viel öfter liegt die Verantwortung für das Management chronischer Schmerzen und für die Einleitung einer Therapie – auch mit Opioiden – bei Allgemeinmedizinern oder anderen Ärzten, die darauf nicht spezialisiert sind", betont Kress.

Schlechte Rahmenbedingungen

Aber nicht nur mangelndes Fachwissen sei für die derzeitige Situation verantwortlich. Für eine Schmerztherapie mit Opioiden herrschen in den europäischen Staaten auch oft schlechte Rahmenbedingungen. Dazu zählen die Schmerzmediziner äußerst restriktive und strikte Regulative für die Verschreibung und Verwendung von Opioiden in der Schmerzmedizin, Vorurteile gegenüber dem Gebrauch dieser Schmerzmittel, fehlende finanzielle und personelle Ressourcen bzw. Strukturen sowie die großen Unterschiede im Gebrauch von Opioiden in den einzelnen Ländern durch mangelnde Richtlinien auf diesem Gebiet.

Im neuen Positionspapier sind deshalb einige Grundsätze enthalten: "Eine Therapie mit Opioiden sollte im Rahmen eines multimodalen Therapieplans und von dafür ausgebildeten und kompetenten Ärzten eingeleitet werden, wenn einfachere Mittel versagt haben. Alle Patienten unter Opioid-Therapie benötigen eine engmaschige, schmerzmedizinische Kontrolle."

Außerdem halten die Autoren fest, dass beim Auftreten von Nebenwirkungen adäquat gehandelt werden muss. Nebenwirkungen gehören therapiert, bei einem nicht ausreichenden Effekt müssen die Behandlungskonzepte leitliniengerecht angepasst bzw. verändert werden. Das Ziel der Schmerzmediziner: Eine optimale Versorgung der bisher noch nicht ausreichend betreuten Patienten mit schweren chronischen Schmerzen in ganz Europa. (red, 19.1.2017)