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Yahya Jammeh bei einem Wahlkampfauftritt Ende November. Die Wahl hat er zwar verloren, gehen wollte er jedoch nicht. Andere westafrikanische Staaten und die UN machten am Donnerstag weiter Druck.

Foto: AP/Jerome Delay

Donnerstagabend kam Bewegung in den gambischen Machtkampf um das Präsidentenamt. "Wir sind nach Gambia vorgestoßen", meldete Abdou Ndiaye, Sprecher der senegalesischen Armee. Mit dem Vorstoß westafrikanischer Truppen soll der Druck auf Langzeitpräsident Yahya Jammeh erhöht werden und ihn zum Abdanken bewegen. Jammeh war bei den Wahlen am 1. Dezember seinem Konkurrenten Adama Barrow nach 22 Jahren im Amt überraschend unterlegen, klammert sich seither aber an die Macht.

Kurz vor dem Grenzübertritt der Soldaten aus dem Nachbarstaat hatte der Uno-Sicherheitsrat in New York einstimmig eine Resolution zum Eingreifen der West afrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) in Gambia beschlossen.

Donnerstagnachmittag um 16 Uhr war der 52-jährige Ex-Grundstücksmakler Barrow ohne große Zeremonie in der Botschaft seines Landes im senegalesischen Dakar vereidigt worden. Das Ereignis hatte mehr als symbolische Bedeutung: Danach konnte Präsident Barrow die internationale Gemeinschaft um Hilfe bei der Beseitigung des "Rebellen" Jammeh im Präsidentenpalast der gambischen Hauptstadt Banjul bitten. Noch keine Regierung der Welt erkennt den widerspenstigen Staatschef offiziell an.

In den Tagen davor hatte in Banjul die Gerüchteküche gebrodelt. "Jammeh wird noch heute Nacht das Land verlassen", sagte der Fahrer, der uns vom Flughafen abholte. Es war Mittwoch, 20 Uhr. In vier Stunden sollte die Amtszeit Jammehs ablaufen. Eine Woche früher hatte der berüchtigte Kleinstaat-Herrscher die Zustimmung zu seiner Niederlage wieder zurückgezogen.

Seither wird das knapp zwei Millionen Einwohner zählende Land von einer Krise geschüttelt, die seinem Ansehen als "freundliches Gesicht Afrikas" (Eigenwerbung) nicht gerade förderlich ist. In der Abflughalle des Banjuler Flughafens drängelten sich hunderte europäische Touristen, die hastig ausgeflogen werden sollten. Ein britisches Ehepaar, das keinen Platz mehr ergattern konnte und erst am nächsten Tag dran sein sollte, war den Tränen nahe. "Wo doch heute Nacht Blut fließen wird!", jammert der rotgebrannte Herr aus Birmingham.

Bewohner verließen Banjul

Anderntags, am Donnerstag, stellten sich alle Gerüchte zumindest als verfrüht heraus. Der 51-jährige Ex-Boxer Jammeh hatte sich über Nacht nirgendwo hinbegeben. So gut wie alle Geschäfte waren geschlossen, viele Einwohner hatten sich in ihren Heimatdörfern in Sicherheit gebracht. Banjul glich einer Geisterstadt.

Im Fußballstadion wenige Kilometer außerhalb der Hauptstadt sollte an diesem Tag eigentlich die Inauguration Barrows zum Präsidenten stattfinden – der erste demokratische Machtwechsel, den das 52 Jahre alte Land in seiner Geschichte erlebte. Stattdessen lag die Arena brach wie eine seelenlose Ruine da.

Was den ehemaligen Boxer Jammeh, der sich als 29-Jähriger an die Macht geputscht hatte, dermaßen verbissen an der Macht festhalten lässt, weiß in Banjul keiner zu sagen. Sowohl Marokko als auch Nigeria haben dem Präsidenten Asyl angeboten: Der durch finstere Geschäfte zu sagenhaftem Reichtum gekommene Jammeh hatte keine Zukunft hinter Gittern zu fürchten.

Trotzdem bot der gläubige Muslim alle Tricks auf, seiner bereits vor mehreren Jahren geäußerten Prognose zu entsprechen, mit Allahs Hilfe "mindestens eine Milliarde Jahre" lang zu herrschen. Wenige Tage nach seiner Wahlniederlage legte Jammeh nach: "Allah hat mich zum Präsidenten gemacht", deklarierte der gehorsame Jünger. "Nur er kann mich auch wieder entlassen."

Entschieden wie noch nie in der afrikanischen Geschichte stellt sich der westafrikanische Staatenbund Ecowas hinter den oppositionellen Wahlsieger Barrow. Selbst die ansonsten chronisch unentschlossene Afrikanische Union (AU) erkennt Jammeh nicht länger als Gambias Staatschef an.

Im Gegensatz zum Osten und vor allem dem Süden des Kontinents, wo mehrheitlich noch immer die Abkömmlinge ehemaliger Befreiungsbewegungen an der Macht sind, hat sich in den 15 Mitgliedstaaten der Ecowas längst ein bedeutender Generationenwechsel vollzogen. Die Präsidenten aller einflussreichen westafrikanischen Nationen – ob Nigerias, Ghanas, Senegals oder der Elfenbeinküste – waren einst selbst Oppositionschefs.

Sie wissen aus eigener Erfahrung, wie verbissen und verhängnisvoll sich die alten Amtsinhaber an ihre Macht festzuklammern suchen. Und sie haben entschieden, dass sie den renitenten Kollegen notfalls mit Gewalt aus seinem Banjuler Amtssitz holen würden.

"Gambia hat entschieden"

Nigeria schickte außer seiner Luftwaffe auch das Kriegsschiff Unity vor die Atlantikküste. "Ich gebe Jammeh höchstens noch ein, zwei Tage", sagte der 28-jährige Blogger Abdullahi, der sich am Donnerstag bereits mit dem (Johannes Dieterich aus Banjul, 19.1.2017)