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Vorsorgewohnungen im Wiener Altbau brachten nicht die gewünschten Erträge.

Foto: dpa/Frank Leonhard

Wien – Wienwert zieht sich aus dem Altbaugeschäft zurück und hat den Altbestand an den Unternehmer Klemens Hallmann und einen weiteren Investor für eine ungenannte Summe verkauft. Für die Geschäftsjahre 2015 und 2016 musste die Gesellschaft rund 25 bis 27 Mio. Euro abschreiben, 18,6 Mio. Euro davon aus Immobilien, sagte Wienwert-Chef Stefan Gruze im APA-Gespräch.

Vergangenen Freitag meldete Wienwert ein negatives Eigenkapital von 20 bis 22 Mio. Euro per Ende Dezember 2016. "Wir mussten zum Jahresende einen Bilanz-Kehraus machen", so Gruze. "Das ist eine einmalige bittere Pille, die man schlucken muss, wenn man so einen Restrukturierungsprozess abschließt." Bei Paketverkäufen könne man die Immobilien-Verkehrswerte "nie realisieren", deswegen auch die weiteren Abwertungen. Durch den Abbau des Altbauportfolios sei ein Cash-Bestand von 5 Mio. Euro erwirtschaftet worden, erklärte der Wienwert-Chef.

Mietwohnbau statt Altbau

Wienwert war bis März 2016 auf Vorsorgewohnungen im Wiener Altbau spezialisiert – und hat sich seitdem auf den profitableren Mietwohnbau verlegt. Die Immobiliengesellschaft erregte in der Vergangenheit Aufsehen durch teilweise hohe Zinsen für ihre Anleihen. Laut Gruze liegt der Mischzinssatz der ausstehenden Wienwert-Anleihen in Höhe von 42,5 Mio. Euro bei "knapp über fünf Prozent". Gruze will den Zinssatz "rapide in Richtung 4 Prozent senken". Wienwert-Anleihengläubiger kann er beruhigen. "Wir haben einen Cash-Bestand in der gesamten Wienwert-Gruppe von 8 Mio. Euro. Wir sind weit weg von einer Insolvenz und wir gehen jedenfalls von einer positiven Fortbestehensprognose aus." Auch werde es "keine weiteren Abschreibungen mehr" geben.

Im Jahr 2017 muss Wienwert Anleihen in Höhe von 5,1 Mio. Euro zurückzahlen und im vierten Quartal 2018 steht eine Anleihentilgung von 12,9 Mio. Euro auf dem Programm. Im laufenden Jahr will der Wienwert-Chef Anleihen in Höhe von rund 10 Mio. Euro begeben. Das Wienwert-Kapitalmarktprospekt wurde im vergangenen Jahr von der luxemburgischen Finanzmarktaufsicht gebilligt.

Per Ende Juni 2016 lag der Verkehrswert der Wienwert-Immobilien laut einem Gutachten des Wirtschaftsprüfers PwC bei 128 Mio. Euro. Derzeit ist ein neues Immobilien-Gutachten in Arbeit, welches auch mit dem Jahresabschluss 2016 im Mai veröffentlicht werden soll. Durch den Paketverkauf konnte der Schuldenstand deutlich verringert werden. "25 Mio. Euro an Bankschulden bleiben übrig von vormals über 100 Mio. Euro, wir haben alle anderen Bankverbindlichkeiten abbezahlt", so Gruze.

Hohe Verluste

Die Wienwert-Gründer Wolfgang Sedlmayer und Nikos Bakir haben sich im vergangenen April vom Vorstand in den Aufsichtsrat zurückgezogen und Gruze wurde neuer Chef. "Die hohen Verluste sind dadurch entstanden, dass die Altbau-Objekte zu lang im Bestand gehalten wurden und dann die jährlichen Bankzinsen (nicht Anleihezinsen, Anm.) mit 1,5 Mio. Euro sowie die vorhandenen Managementkosten in der Holding", lautet die Diagnose des Wienwert-CEO. Die Projekte seien zu wenig vorangetrieben wurden und es gab generell zu wenige Projekte. "Ein so ein großes Unternehmen muss viele große Projekte machen. Die Alteigentümer haben viel zu lange am Geschäftsmodell Altbau-Revitalisierung festgehalten", so seine Kritik.

Der Altbestand der Wienwert ist nun bis auf das "Familiensilber" Getreidemarkt 10 und Neubaugürtel 4 verkauft. Außerdem im Portfolio ist noch das Grundstück Wiedner Hauptstraße 150 (Abriss/Neubau). Neu zugekaufte Flächen der Wienwert mit potenziell mehr als 50.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche für den Mietwohnbau befinden sich im 20., 21., und 22. Wiener Gemeindebezirk. Die Wienwert will Mietwohnungen mit einer Größe von 30, 45 und 60 Quadratmetern entwickeln. "Wir sehen unsere Stärken in der Akquisition und Umwidmung von Grundstücken. Unser Fokus liegt auf dem 21. Bezirk.", sagte der Wienwert-Chef. Er will die zugekaufte potenzielle Bruttogeschoßfläche bald auf 100.000 Quadratmeter steigern.

Neue Struktur

Die Wienwert Gruppe hat sich im Rahmen der Restrukturierung auch eine neue Struktur gegeben. Die Wienwert AG wurde in Wienwert Holding AG umbenannt, wo das negative Eigenkapital und die Anleihengläubiger verbleiben. Zusätzlich wurde per 1. Jänner 2017 eine Tochter Wienwert AG "neu" gegründet, die mit 5 Mio. Euro Stammkapital ausgestattet wurde und auch einmal an die Börse gebracht werden soll. "Die neue Gesellschaft bekommt die Gewinne aus dem Neubaugeschäft. Die Gewinne werden dazu verwendet, um die Anleihen zurückzuzahlen", betonte Gruze. "Wir gehen davon aus, dass alle Anleihen zurückbezahlt werden, insbesondere durch die gewinnbringenden Projekte mit dem neuen Geschäftsmodell."

Der Wienwert-Chef ist davon überzeugt, dass der Mietwohnbau viel profitabler geführt werden kann und führt dafür zwei Projekte an. Im neuen Geschäftsbereich habe man das Projekt Rennweg 52 mit rund drei Mio. Euro Gewinn verkauft, Rennweg 88 werde jetzt mit ca. 2 Mio. Euro Gewinn veräußert.

Skeptisch ist Gruze hingegen für Eigentumswohnungen in Wien, wo man "auf eine Blase" zusteuere. Kritisch werde es schon, wenn die Zinsen um 1,5 Prozentpunkte steigen würden. "Banken haben keine Probleme, weil sie besichert sind. Wer ein Problem haben wird, sind die jungen Familien, die diese Wohnungen gekauft haben."