Dort, wo Wirbelsäule und Becken zusammenkommen, regelt der Ischiasnerv die Bewegung. Wehe, wenn er beleidigt ist.

Foto: iStockphoto

Karin Pollack beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit. Manchmal ist sie selbst krank. Das ist dann besonders interessant.

Foto: Cremer/Rawicka/iStockphoto

Es gibt sie, diese hundsnormalen Widrigkeiten im Leben. Der Körper ist zwar eine recht wunderbare Maschine, aber die Kälte stellt ihn offenbar vor große Herausforderungen. Folgendes ist passiert: Ich gehe unlängst aus der warmen Wohnung in den kalten Wind. Ich bin warm angezogen, friere nicht. Im Büro angekommen, stelle ich meine Tasche ab (das ist keine spektakuläre Bewegung), und plötzlich spüre ich eine Art Mini-Stromschlag im unteren Rücken.

Meine Muskeln fühlen sich nicht geschmeidig, sondern irgendwie vertrocknet an, Drehungen sind nur mehr abgehackt möglich, eine seltsame Schwere macht sich breit, und schmerzbedingt würde ich am liebsten mit dem Oberkörper parallel zum Boden gehen. Diesem buckligen Eindruck dürfte wohl auch der Ausdruck Hexenschuss geschuldet sein.

Die entscheidende Frage: Was machen? Wegen eines Hexenschusses muss man doch nicht gleich zum Arzt, denke ich. Stattdessen starte ich die Fragerei im Bekanntenkreis. Hexenschuss hatten irgendwie alle schon einmal. Bewegung sei gut, höre ich, und zufällig ist in meinem Fitnessstudio eine Backhealth-Stunde.

Die guten Tipps

Die geniale Lehrerin sagt: "Mach mit!" Und tatsächlich. Bewegung tut extrem gut. Ich bekomme ein paar Extraübungen verordnet und werde sie sicher machen. Meine Physioball-Lehrerin gibt mir am nächsten Tag einen Tennisball: Mit dem soll ich den unteren Rücken massieren. Wie? "Gegen die Wand", sagt sie, und "überall dort, wo der Ball die meisten Schmerzen verursacht, draufbleiben und den Ball hin und her bewegen."

Elegant sieht das nicht gerade aus. Unlängst habe ich auf einem Video von Planet Earth Braunbären gesehen, die sich ihren Rücken in einer ganz ähnlichen Weise an Bäumen kratzen, sich also so hin und her wetzen. Aber Fakt ist: Ich mache das im Büro. Denn langes Sitzen ist für meinen Hexenschuss definitiv ganz besonders schlecht. Die Massagen zwischendurch (auf dem Klo, im Großraumbüro wäre es peinlich) tun extrem gut.

"Du brauchst Wärme", ergänzt meine Mutter am Telefon und empfiehlt Wärmepflaster. Ich vertraue ihr und ärgere mich, als die Apothekerin mich fragt, welche Art von Wärmepflaster ich will. Ich hatte noch nie eines und kann folglich doch auch keine Entscheidung treffen. Ich nehme also irgendeines und lasse es mir von einer Freundin auf den unteren Rücken kleben.

Warm gegen kalt

Dann warte ich. Und tatsächlich: Es wird irre heiß. So heiß, dass es meiner Haut wehtut. Das scheint meinen schmerzenden Ischiasnerv zu verwirren, jedenfalls übertüncht jetzt der Pflasterschmerz den Nervenschmerz – ich will immer noch gebückt durch die Welt gehen und jammere meine Mutter an. "Es funktioniert auch, wenn du es aufs Unterhemd klebst, die Wärme strahlt trotzdem", sagt sie und hat wieder recht.

Weitere bemerkenswerte Reaktionen auf meinen Hexenschuss: "Hast du eine Badewanne?", fragte eine Mitturnerin aus der Backhealth-Stunde (ich war froh, Ja sagen zu können) und empfahl mir Vollbäder. Weil ich die nicht mag, gehe ich nach meinen unspektakulären Rückenübungen ins Dampfbad. Und klar, ich habe auch gegoogelt, um mir mal anzusehen, wie dieser Ischiasnerv aussieht und wie er sich vom unteren Rücken über die Hüften bis in die Beine verästelt. Und dort steht auch, dass man Schmerzmittel braucht und ein Röntgen oder ein CT. Aber ganz ehrlich: Wer sich im Gesundheitssystem auskennt, weiß, dass ein bildgebendes Verfahren bei einem Hexenschuss keinerlei Vorteile bringt – den Internetärzten scheint das vollkommen egal.

Der Körper ist eine wunderbare Maschine. Einstweilen hoffe ich, dass mein Ischias sich mit Wärme und Bewegung wieder versöhnen lässt. Ich will fest daran glauben. Auf einen Massagetermin (ebenfalls eine Empfehlung) freue ich mich.

Ein Nachtrag: Mit dieser Art der Behandlung waren die Schmerzen nach zehn Tagen vollkommen verschwunden – so als hätte sie sie nie gegeben. (Karin Pollack, 29.1.2017)