Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Linz – 24 Prozent der Wahlberechtigten meinen, dass ihre Stimme bei Wahlen "eher nichts" bewirkt, neun Prozent sind sogar sicher, dass Wählen sinnlos ist. Das geht aus einer Umfrage des Linzer Market-Instituts für den STANDARD hervor.

"Haben Sie das Gefühl, mit Ihrer Stimme bei Wahlen etwas bewegen zu können?" Diese Frage stellte das Linzer Market-Institut diese Woche mehr als 400 Wahlberechtigten. Knapp zwei Drittel stimmten zu – allerdings in unterschiedlicher Intensität: 22 Prozent sagten "auf jeden Fall", 43 Prozent "eher schon".

FPÖ-Wähler zweifeln an Wirksamkeit von Wahlen

Ein Viertel der Befragten aber sagt "eher nicht", und jeder elfte Befragte sagt sogar "sicher nicht". Es sind besonders jüngere Wähler und erklärte Anhänger der Freiheitlichen, die an der Wirkmacht der eigenen Stimme zweifeln – und jene, die politisch unentschlossen sind oder angeben, ohnehin nicht wählen zu gehen.

Market-Wahlforscher David Pfarrhofer verweist noch auf einen anderen Zusammenhang: "Wir haben auch gefragt, ob die Leute mit dem Ausgang der Bundespräsidentenwahl zufrieden sind. Jene, die sagen, dass die Wahl in ihrem Sinne ausgegangen ist, sagen zu 90 Prozent, dass man durch Wählen etwas bewirken kann. Die, die vom Wahlergebnis enttäuscht sind, meinen auch, dass sie mit ihrer Stimme eh nichts erreichen können."

Stichwort Bundespräsidentenwahl: Weiterhin sind nur 54 Prozent mit dem Wahlausgang zufrieden – das ist auch der Stimmenanteil, den Alexander Van der Bellen am 4. Dezember des Vorjahres erreicht hat. 19 Prozent äußern sich als wenig, 21 Prozent als gar nicht zufrieden mit dem Wahlergebnis der Stichwahl.

79 Prozent loben Demokratie, wie sie in Verfassung steht

Und wie ist das mit der Demokratie so ganz allgemein? Market fragte: "Was halten Sie von der Demokratie, so wie sie in der österreichischen Verfassung festgelegt ist?" 24 Prozent finden sie sehr gut, 55 Prozent gut – 13 Prozent weniger gut und nur vier Prozent gar nicht gut. Diese Einschätzung ist seit einer Vergleichsumfrage 2013 (im Vorfeld der Nationalratswahl) ziemlich unverändert.

DER STANDARD ließ die Befragten auch einen persönlichen Zeitvergleich anstellen: "Wie hat sich Ihrer Meinung nach das demokratische System in den vergangenen Jahren in Österreich entwickelt?" Elf Prozent meinen, unser Land sei heute demokratischer als vor zehn Jahren, 37 Prozent sagen aber im Gegenteil, es sei weniger demokratisch als damals.

Die Vorgabe, einen Vergleich mit der Zeit von vor zehn Jahren anzustellen, markiert einen wichtigen Punkt in der Entwicklung der politischen Landschaft: Vor zehn Jahren ist mit der Regierung Gusenbauer wieder eine "große" SPÖ-ÖVP-Koalition ans Ruder gekommen.

Die Anhänger der Koalitionsparteien haben aber keine signifikant bessere Einschätzung der demokratischen Entwicklung Österreichs als andere Befragte.

Jeder elfte Befragte neigt zu Führer-Staat

Und welches politische System würden die Österreicher vorziehen? Market fragte – gesondert – unterschiedliche Modelle ab:

  • Einen starken Führer zu haben, der sich nicht mit Parlament und Wahlen beschäftigen muss – das erscheint einer Mehrheit denn doch zu heftig. 65 Prozent halten eine Diktatur für eine sehr schlechte Art, ein Land zu führen, 17 für eine ziemlich schlechte. Nur sechs Prozent halten eine Diktatur für ziemlich gut, drei Prozent für sehr gut.
  • Eine Militärregierung schneidet noch schlechter ab – diese findet nur ein Prozent sehr gut, vier Prozent sehr gut.
  • Experten statt einer gewählten Regierung zu haben, die entscheiden, was am besten für das Land ist – hier bröckelt das demokratische Bewusstsein schon deutlich: Zwölf Prozent fänden das sehr gut, 42 Prozent ziemlich gut. Nur elf Prozent sagen klar, dass das eine sehr schlechte Regierungsform wäre.
  • Also dann doch das Bewährte, ein demokratisches politisches System. Das finden 50 Prozent sehr gut, 38 Prozent ziemlich gut. Nur vier Prozent finden Demokratie ziemlich schlecht, zwei Prozent sehr schlecht.

Gemeinden als Hort der Demokratie

Gefragt wurde dabei auch, wo die Österreicherinnen und Österreicher vermuten, dass es demokratisch zuginge. An der Spitze der Liste steht dabei der Gemeinderat der eigenen Heimatgemeinde, von dem 62 Prozent annehmen, dass dort demokratisch vorgegangen wird. In kleineren Gemeinden ist diese Annahme stärker verbreitet als in Städten, bei älteren Befragten stärker als bei jüngeren."Die Nähe zu einer Institution lässt diese demokratischer erscheinen – die Gemeinde erscheint näher als der Landtag; die Landesregierung näher als der Nationalrat oder der europäische Rat, von dem auch nur 21 Prozent wissen, was der überhaupt ist", sagt Meinungforscher David Pfarrhofer.

Er erläutert die Grafik: "Man würde annehmen, dass es einen engen statistischen Zusammenhang zwischen Unkenntnis eines Systems und der Vermutung, dass dieses undemokratisch sei, gibt, das trifft aber allenfalls auf EU-Institutionen zu. Die Sozialversicherung meint jeder zu kennen – dass deren Organe aber demokratisch besetzt sind, wissen und schätzen allenfalls 36 Prozent." (Conrad Seidl, 21.1.2017)