Am ersten Tag des BZÖ-Prozesses hielt sich der ehemalige Finanzlandesrat Harald Dobernig noch einigermaßen bedeckt. Am Montag gestand er plötzlich seine Verantwortung und Schuld ein.

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Klagenfurt – Dobernig, der Musterschüler. Er kommt überpünktlich, adrett gewandet im Trachtenanzug, grüßt die Autoritäten des Gerichts sehr höflich und beginnt umgehend, die mitgebrachten Akten zu studieren.

Es dauert nicht lange. Richter Christian Liebhauser-Karl hat die Verhandlung an diesem Montagmorgen im Klagenfurter Landesgericht kaum eröffnet, ein paar erste präzise Fragen an den ehemaligen Kärntner BZÖ-Landesrat gestellt, und schon legt dieser alles reumütig auf den Tisch: Ja, er habe gewusst, dass die inkriminierte, mit Landesgeldern finanzierte Werbebroschüre den BZÖ-Politikern als Wahlkampfmaterial gedient habe. "Ja, ich fühle mich schuldig, im Sinne der Anklage mit Ausnahme des Tatplanes und der Schadenshöhe", sagt Fußfesselträger Dobernig, der bisher vehement seine Unschuld beteuerte.

"Es waren andere Zeiten"

"Hatten Sie eigentlich nie eine Befürchtung, dass das alles einmal aufkommt?", fragt der Richter nach. Dobernig: "Dieses Problembewusstsein hat es damals nicht gegeben. Es waren andere Zeiten." Er war 2009 als Landesrat in die Finanzierung der Wahlwerbung fürs BZÖ involviert und sitzt deshalb mit dem ehemaligen Landeshauptmann Gerhard Dörfler, Stefan Petzner, der bereits gestanden hat, Ex-Landesrat Uwe Scheuch und den beiden Geschäftsführern der Landesimmobiliengesellschaft (LIG), über die die Bezahlung lief, vor Gericht.

Laut Staatsanwaltschaft sollen 219.000 Euro an Landesgeldern veruntreut worden sein. Schuldig, so wirklich schuldig, ist in den Augen Dobernigs aber eigentlich nur einer: Ex-Haider-Best-Friend Stefan Petzner – der am Montag die Verhandlung gespritzt hat. Er sei der Meinung gewesen, er brauche nicht kommen, löste dessen Anwalt beim Richter Kopfschütteln aus.

"Getan, was er wollte"

Dieser Stefan Petzner habe eigentlich "getan, was er wollte. Mit der geliehenen Macht von Landeshauptmann Jörg Haider", sagt Dobernig. Der Richter interessiert sich jetzt näher für den polithygienischen Aspekt der Causa: "Sie sind in diesem politischen System sozialisiert worden – gab es nie Phasen, wo Sie gedacht haben, dass das alles nicht richtig ist?" Dobernig lacht gequält: "Ich hatte die Koffer dreimal gepackt, aber Haider mit seiner Überredungskunst ... Da habe ich wieder ausgepackt."

"Fühlen Sie sich eigentlich missbraucht?", macht Liebhauser-Karl jetzt auf Psychotherapeut. Dobernig kleinlaut: "Na ja, in gewisser Weise, ja, fühle ich mich missbraucht."

Schließlich schiebt der Rat noch ein erhellendes Hypo-Alpe-Adria-Kapitel ein. Er holt die Schulden des BZÖ der Jahre 2008 und 2009 hervor und die Erinnerung, dass Dörfler, Dobernig und Co einen Zwei-Millionen-Euro-Kredit aufnahmen. Bei der Hypo mit persönlicher Haftung. "Und welche Sicherheiten haben Sie gegeben?", fragt der Richter. "Keine, nur die Unterschrift."

LIG-Verteidiger Richard Soyer brennt noch etwas auf der Zunge: "Warum war Petzner eigentlich so mächtig? Hatte er ein besonders gutes Vertrauensverhältnis zu Haider? War das größer als Ihr Verhältnis zu Haider?" Dobernig kichert verlegen: "Absolut: Petzners Vertrauensverhältnis war größer als meines." Richter Liebhauser-Karl dreht Soyer schmunzelnd ab: "Fragen Sie jetzt nicht, warum. Diese Frage lasse ich nicht zu. Sie haben so laut gedacht, dass ich es bis hierher gehört habe."

Dörfler soll "in sich gehen"

Der Richter verzichtet am Montag auf die Aussagen Gerhard Dörflers, er will vorerst die beiden LIG-Geschäftsführer am Freitag hören. Und in der Zwischenzeit, rät der Rat, sollen Dörfler und Scheuch, die sich nach wie vor als völlig unschuldig fühlen, in sich gehen. "Sie haben nun ein paar Tage Zeit, Ihre Verantwortung zu überdenken", sagt der Richter und entlässt die Angeklagten, die Schöffen und die zahlreichen, wieder um einiges g'scheiter gewordenen Gerichtskiebitze in ein extrem frostiges Klagenfurt. (Walter Müller, 23.1.2017)