Österreichs Hühner sind derzeit zu einem Leben hinter Gittern verpflichtet

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Linz – Der Winter hat den kleinen Ort Schlierbach im oberösterreichischen Kremstal fest im Griff. Der Wegweiser zum Hendlparadies ragt gerade einmal noch wenige Zentimeter aus dem Schnee. Über einen steilen Anfahrtsweg und nach einer kurzen, aber eindringlichen Danksagung an den Allrad erreicht man den Biobetrieb der Familie Tragler. "Bua, die Zeitung ist da" – Altbauer Alois, dem man die 80 Lebensjahre wahrlich nicht ansieht, übertönt locker das Gegacker von rund 2000 Biolegehennen. Und schon erscheint in der Stalltür der eigentliche Hahn im Korb.

Martin Tragler hat soeben seinen morgendlichen Kontrollgang beendet und ist sichtlich zufrieden: "Alles in Ordnung." Was in Zeiten wie diesen nicht unbedingt selbstverständlich ist. Der neuerliche Ausbruch der Vogelgrippe – seit November 2016 wurden in sechs Bundesländern entsprechende Fälle bekannt (siehe Wissen unten) – sorgt unter den heimischen Geflügelbauern für entsprechend große Verunsicherung.

Existenzgrundlage

Martin Tragler hat inzwischen am großen Wohnzimmertisch Platz genommen. Mit seinen fast tellergroßen Händen umfasst der Geflügelbauer eine Kaffeetasse. Der Mann, der äußerlich den Eindruck macht, als könnte ihn kein Zuchtstier aus den Stiefeln hauen, wird plötzlich still und nachdenklich: "Es ist unsere Existenzgrundlage. Hab ich einen bestätigten Fall im Stall, bedeutet das Aus für 2000 Hühner – und mindestens ein halbes Jahr Quarantänesperre."

Die österreichweite Stallpflicht ist aber weder für den Biobauern noch sein Federvieh derzeit ein Problem. Tragler: "Wenn so viel Schnee liegt, bleiben die Hühner freiwillig im Stall." Und sollten die Hennen dennoch den Drang nach Frischluft verspüren, so ist dies im eigenen kleinen Wintergarten möglich. Zusätzlich gibt es im Stall mehr Einstreu (Stroh und Weizenkörner), um die Hennen entsprechend in Bewegung zu halten. Überhaupt scheint es der "Damenrunde" am Schlierbacher Biohof an nichts zu fehlen: Das tägliche Menü ist 100 Prozent "bio" und besteht aus einem besonderen Futtermix: Traglers Hühner – "eine ist immer die Susi, und der Rest sind einfach die anderen" – bekommen neben Mais, Soja, Sonnenblumenkernen und Luzernegrünmehl täglich frische Weizenkeimlinge. Der keimt in einem großen Keimrad direkt beim Betrieb. Und man setzt auf dem Hühnerhof auf Homöopathie: "In das Trinkwasser kommen Globuli."

All diese "Spezialmaßnahmen" lassen den Biobauern jetzt auch in schwierigen Zeiten ruhig schlafen: "Meine Hühner sind vor allem durch das Spezialfutter und die Freilandhaltung deutlich vitaler, haben mehr Widerstandskräfte und sind dadurch wenig krankheitsanfällig."

Das Ende der Ei-Freiheit

Tragler hofft aber dennoch auf ein rasches Ende der Stallpflicht: "Im Frühjahr wollen die Hühner hinaus, da wird’s im Stall mühsam." Doch auch aus wirtschaftlicher gibt es eine klare Deadline. Drei Monate dürfen Hühner, deren Eier den Kunden mit dem Gütesiegel "Freilandhaltung" feilgeboten werden, im Stall eingesperrt sein. "Mit Ende Februar bin ich dann im Erklärungsnotstand. Obwohl ich mir als Direktvertrieb eh noch leichter tue. Ich kenne meine Kunden, und meine Kunden wissen um die Qualität meiner Ware. Da kann das offizielle Gütesiegel auch einmal fehlen."

Auf eine private Zusatzversicherung, die im Fall einer seuchenbedingten Keulung entsprechende Zahlungen leisten würde, hat die Familie übrigens bewusst verzichtet. Tragler: "Ich bin nicht so der Versicherungstyp." (Markus Rohrhofer, 24.1.2017)