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Rechtsanwalt Wolfgang Blaschitz vertritt den 17-jährigen Terrorverdächtigen, der am Freitag in Wien festgenommen und über den nun die U-Haft verhängt wurde.

Foto: Reuters/Foeger

Wien – Zurückhaltung gehört nicht zu den Tugenden von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP). Während im Fall des 17-jährigen Terrorverdächtigen die für die Ermittlungen zuständige Staatsanwaltschaft sehr um Zurückhaltung bei der Preisgabe von Informationen bemüht ist, gibt Sobotka beinahe tägliche neue Häppchen aus dem Ermittlungsakt bekannt: Der Verdächtige habe zugegeben, in Deutschland eine Testbombe gebaut zu haben, sagte Sobotka am Dienstag vor dem Ministerrat.

Über den 17-jährigen Niederösterreicher mit albanischen Wurzeln wurde wenig später die Untersuchungshaft verhängt. Als Haftgründe nannte Christina Salzborn vom Landesgericht Wien Verdunkelungs-, Tatbegehungs- und Tatausführungsgefahr. Bis spätestens 7. Februar muss neuerlich über die Inhaftierung des Beschuldigten entschieden werden. Derzeit wird wegen des Verdachts der terroristischen Vereinigung im Sinne des Paragrafen 278b im Strafgesetzbuch ermittelt.

Der 17-Jährige soll mit einem in Deutschland festgenommenen Verdächtigen Anschlagspläne gewälzt haben. Laut Verfassungsschutz könnte schon zu Weihnachten ein Anschlag geplant gewesen sein, der auf Jänner verschoben worden sei. Waffen oder Sprengmittel wurden aber nicht gefunden. Die Polizei hat auch einen zwölf Jahre alten, also strafunmündigen Wiener ausgeforscht, der intensiven Kontakt zum Hauptverdächtigen hatte.

"Dilettantischer Brandsatz"

Wolfgang Blaschitz, der Rechtsvertreter des 17-Jährigen, sagt, dass die Vorwürfe völlig überzogen seien. Bei der von Sobotka erwähnten Testbombe habe es sich um einen "dilettantischen Rauchbrandsatz" gehandelt, so Blaschitz zum STANDARD.

Es stimme wohl, dass sein Mandant in der Jugendhaft (wegen eines kleinkriminellen Deliktes) eine islamistische Phase gehabt habe, mittlerweile (bedingt entlassen) habe er sich aber "deradikalisiert". Mit dem Zwölfjährigen Wiener, der nicht in Haft, aber laut Polizei "kontrolliert untergebracht" ist, habe der 17-Jährige via Whatsapp kommuniziert. Dabei sei es darum gegangen, dass der Zwölfjährige damit geprahlt habe, jederzeit eine Kalaschnikow besorgen zu können. "Das war eher ein Disput, mein Mandant wollte ihn als Angeber entlarven", so Rechtsanwalt Blaschitz.

Ohne richterliche Kontrolle

Die Ermittlungen der Polizei sind noch nicht abgeschlossen. Es ist nicht auszuschließen, dass noch für weitere mögliche Mitwisser die Handschellen klicken. Der Fall ist jedenfalls die erste Bewährungsprobe für das seit Sommer 2016 geltende Staatsschutzgesetz. Die darin enthaltenen erweiterten Ermittlungsbefugnisse dürften wesentlich zu den bisherigen polizeilichen Ergebnissen beigetragen haben. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) darf seit einem halben Jahr ohne richterliche Kontrolle jegliche Kommunikation von möglicherweise extremistischen Personen frühzeitig überwachen. Der Hinweis auf einen potenziellen Anschlag im Großraum Wien kam zwar von einem ausländischen Geheimdienst, doch die Identifizierung der Person gelang dem BVT. (Michael Simoner, 24.1.2017)