Die schützende Hand, die der Innenminister im Verein mit der Kronen Zeitung über die autochthone Bevölkerung hält, lässt sich gar nicht genug würdigen. Es fühlt sich einfach gut an, von ihm vor Terroranschlägen bewahrt zu werden, ehe sie die Chance hatten, das Reich der Fantasie zu verlassen. Besser zu früh als zu spät, dem wird jedermann zustimmen, nur sollte sich irgendwann der Gedankenverdacht zu einem Tatverdacht verdichten, der auf sachlichen Beweisen beruht. Nun ist Lorenz K. in Untersuchungshaft, und dort wird man schon aus ihm herauskitzeln, wie weit seine terroristischen Pläne gediehen waren, über die dank sorgfältiger Öffentlichkeitsarbeit der Polizei das öffentliche Urteil schon gefällt ist. In Österreich etwa figuriert er als "IS-Bomber", "Wiener Terrorist", auch als "Babyface-Bomber" oder als "U-Bahn-Bomber". Die Presse präsentierte ihn als "Teenager-Staatsfeind". Die Krone hatte ihn als "IS-Kämpfer aus Albanien" im Titel. Name und Adresse längst bekannt, damit nur ja auch die Nachbarn befragt werden können, wie es sich anfühlt, neben einem "Terroristen" zu wohnen.

Wenn es jetzt nicht so recht weitergehen will mit der Entlarvung des brandgefährlichen Terroristen, soll das angeblich daran liegen, dass man ihn nicht lange genug observieren konnte, um sein Netzwerk auszuforschen. Die Kronen Zeitung habe nämlich aus Polizeikreisen von der Observierung erfahren, und taktvoll, wie man in diesen Kreisen ist, wollte man nicht, dass der Terrorist von seiner Gefährlichkeit aus dem Kleinformat erführe. Wahr oder nicht, bei solcher Arbeit kann sich der Terrorismus nur ins Fäustchen lachen.

Aber nicht zu früh. Denn kaum zwei Stunden nach der angeblich voreiligen Festnahme war der Innenminister vor der Presse, um dort mit seinen sinistren Plänen für einen Nachtwächterstaat 4.0 zu werben. Diese Gelegenheit wollte er sich nicht entgehen lassen, wie oft bietet sie sich schon, wenn die Zeit drängt. Ob er dabei als Prediger des Überwachungsstaates der Kronen Zeitung dankbar sein oder ob er sie als Terrorismusjäger im aktuellen Fall verfluchen soll, bleibt bis auf weiteres offen.

Da kam alles wieder, die in Serie geschalteten privaten Überwachungskameras, neue Formen von Lauschangriff und Vorratsdatenspeicherung und natürlich auch das modische Accessoire, das einen seiner Vorgänger im Amt schmückte, die Fußfessel, aber verschärft – schon bei Verdacht. Und wie die Zeit drängt! Gilt es doch nicht nur seinen Sicherheitskonkurrenten, den Verteidigungsminister, auf Distanz zu halten, sondern sich in einem möglicherweise bevorstehenden Wahlkampf als der Terroristenschreck zu präsentieren, der allein die Sicherheit der Österreicher garantieren kann.

Kann er aber nicht, trotz der inszenierten Hysterie um Lorenz K., die etwas widersprüchlich mit einem Aufruf zur Gelassenheit gepaart wurde. Bis hinauf zum Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes warnen Juristen davor, der Demokratie Fußfesseln anzulegen, und schon gar, ohne dass damit dem Terrorismus Fesseln verpasst würden. Die Verfassung ist zu wichtig, als dass sie zum Spielmaterial im Wahlkampf von Möchtegern-Hardlinern verkommen dürfte. (Günter Traxler, 26.1.2017)