Die Ausstattung von Schulen mit Internet wird nicht reichen, um die in der Wirtschaft benötigten Arbeitskräfte hervorzubringen.

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Während hierzulande noch immer Konzepte aus den 80er-Jahren diskutiert werden und die Wertschöpfungsabgabe oder Maschinensteuer weiterhin als Idee herumgeistert, fehlen der Industrie bald die qualifizierten Arbeitskräfte. Die kürzlich vorgestellte Digitalisierungsoffensive in Schulen ist ein guter Ansatz, um dem entgegenzuwirken, wird für eine Lösung des Problems jedoch nicht reichen.

Digitalisierung mitgestalten

Digitalisierung und Industrie 4.0 sind Begriffe, die in Österreich zum großen Teil mit einem negativen Gefühl wahrgenommen werden. Angst vor Arbeitsplatzverlust und weiterhin steigende Arbeitslosigkeit führen zu einer ablehnenden Haltung gegenüber dem technischen Fortschritt. Doch der digitale Wandel ist nicht der Feind, den es zu bekämpfen gilt. Vielmehr sollte er in den verschiedensten Bereichen aufgrund der damit verbundenen Chancen und Möglichkeiten gefördert werden. Denn es geht schon lange nicht mehr darum, ob Digitalisierung passieren wird, sondern vielmehr, wie dieser Prozess gestaltet wird. Es liegt an uns, ob wir diesen Wandel aktiv mitgestalten oder als passive Konsumenten die Regeln der anderen akzeptieren wollen. Je länger wir warten, umso mehr verlieren wir an Boden. Letzteres würde uns tatsächlich teuer kommen.

Der Bildungsbereich ist mit Sicherheit eine der größten Aufgaben, die es zu lösen gilt. Sowohl moderne Ausstattung von Schulen als auch zeitgemäße Aus- und Weiterbildung, vor allem im digitalen Bereich und den Mint-Fächern – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik –, müssen forciert werden.

Ausstattung alleine reicht nicht

Die kürzlich vorgestellte Digitalisierungsoffensive des Bildungsministeriums setzt genau bei diesen Themen an und ist vorerst ein guter Beginn dafür. Sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für Pädagoginnen und Pädagogen wird ein Grundstein für das Verständnis von Digitalisierung gelegt. Jedoch wird die Ausstattung von Schulen mit Internet nicht reichen, um die in der Wirtschaft benötigten Arbeitskräfte hervorzubringen. Bis zum Jahr 2020 könnten alleine in Österreich 40.000 neue Jobs im naturwissenschaftlich und technischen Bereich entstehen. Rüsten wir das Schulsystem aber nicht dafür, werden diese Jobs zwar entstehen, jedoch sicher nicht bei uns. Wichtig dabei ist, dass die veränderten Anforderungen aufgrund der Digitalisierung auch in die Köpfe der Menschen gelangen.

Fähigkeiten wie Programmieren und interdisziplinäres Denken werden durch den technologischen Fortschritt immer wichtiger. Wie aber eine aktuelle Ifes-Studie der Bundesjugendvertretung zeigt, hat nur ein Viertel der befragten Jugendlichen überhaupt Kenntnisse im Programmieren, und mehr als 90 Prozent haben sich die digitalen Fähigkeiten sogar selbst beigebracht. Das verdeutlicht die Diskrepanz zwischen der momentanen Schulbildung und den künftig wichtigsten Eigenschaften für den Arbeitsmarkt. Die vorgestellte Strategie des Bildungsministeriums ist deshalb ein längst überfälliger Auftakt für die Beseitigung dieser Schieflage. Denn auch wenn nach und nach die digitale Bildung in den Klassenzimmern einzieht, darf nicht vergessen werden, dass es oft Jahr(zehnt)e dauert, bis Reformen wirklich greifen, und diese Zeit haben wir nicht mehr. Die digitale Welt ist schnelllebig und radikal und wartet definitiv nicht auf uns.

Hohe Erwartungen

Die weiteren Erwartungen an das Bildungsduo der Regierung, Harald Mahrer und Sonja Hammerschmid, sind durch Konzepte wie die Digitalisierungsstrategie jedenfalls hoch. Es scheint, als wurde jetzt auch auf oberster Ebene begriffen, dass das österreichische Schulsystem weit weg von state of the art ist und dringend ein Update benötigt. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Strategie ein erster und nicht der letzte Schritt in die richtige Richtung war. (Therese Niss, 30.1.2017)