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Die Skyline von Panama City: Das mittelamerikanische Land ist seit den Panama Papers Symbol für weltweite Steuervermeidung.

Foto: REUTERS/Carlos Jasso

Wien – Die SPÖ macht Druck für mehr Steuergerechtigkeit, national und international. Vor allem den Steuerprivilegien multinationaler Konzerne soll es an den Kragen gehen. "Schlupflöcher im System" sollten ausfindig gemacht und beseitigt werden, sagte SP-Klubobmann Andreas Schieder am Montag bei einer Enquete zu "Panama & Co": "Dort, wo die Gewinne erwirtschaftet werden, müssen sie besteuert werden."

Das Finanzstrafrecht in Österreich sei bereits verschärft worden, dem Profit Shifting – also dem Verschieben von Gewinnen – sei hierzulande schon ein erster Riegel vorgeschoben worden, das Personal für Betriebsprüfungen habe man ausgebaut, und einiges sei auch vom zentralen Kontoregister zu erwarten, sagte Schieder. Doch bedürfe es neben weiteren nationalen Maßnahmen auch internationaler Abkommen, betonte er bei einer parlamentarischen Enquete: "Jedes Kaffeehaus, jeder Würstelstand, jedes Start-up zahlt mehr Steuern als ein internationaler Konzern."

"Verrottete Ethik"

"Die ganz Großen machen sich letztlich ihre Steuersysteme selbst", schlug die EU-Delegationsleiterin der SPÖ im Europaparlament, Evelyn Regner, in die gleiche Kerbe und brandmarkte eine "verrottete Unternehmensethik", die "wieder zurechtzurücken" sei. Sie forderte als unabdingbare Voraussetzung für Steuergerechtigkeit "Transparenz" ein, etwa "Country by country"-Bilanzen von Konzernen, die auch öffentlich einsehbar sein müssten.

Zweitens müssten "Whistleblower", also Hinweisgeber, geschützt werden – das betreffe auch "engagierte Insider" wie etwa intern Beschäftigte, verwies sie auf zwei Informanten, die Steuerdeals von Multis mit den Luxemburger Finanzbehörden öffentlich gemacht hatten und deshalb vor Gericht stehen – ein Urteil wird für Mitte März erwartet. Zum Dritten forderte sie ein verbindliches Firmenregister, aus dem die Eigentümer ersichtlich seien, wie es das in Österreich oder Deutschland gebe. In den USA sei kein Verbündeter zu sehen, gab sie zu verstehen, dort stünden "derzeit alle Transparenzregeln infrage".

Einheitliche Mindeststeuersätze

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer verwies – neben der Streichung von Steuervorteilen bei Stiftungen, der erst kürzlich fixierten "Gewinnverschiebungsstrafsteuer" (Stichwort überhöhte Lizenzgebühren) und dem Kontenregister, in das Finanz und Justiz Einblick nehmen könnten – auf die im Gespräch stehende Ausdehnung der Werbeabgabe auch auf Onlinemedien (etwa Facebook), das finde sich auch im soeben von SP und VP ausgehandelten neuen Koalitionspapier.

Eine gemeinsame KÖSt-Bemessungsgrundlage in der EU – für eine einheitliche Besteuerung von Unternehmensgewinnen – gehe freilich "nur, wenn ich auch Mindeststeuersätze habe", betonte Krainer, bei der SP-Enquete, "sonst habe ich eine Verschärfung des Steuerwettlaufs nach unten".

Von Gärtnern und Strohmännern

Der Schweizer Antikorruptionsexperte Mark Pieth, Ordinarius für Strafrecht an der Universität Basel, plädierte für Firmenregister, aus denen sich der tatsächliche "wirtschaftliche Berechtigte" ablesen lasse – damit nicht irgendein "Gärtner" als Strohmann vorgeschoben werde, bei dem sich bei einem Lokalaugenschein herausstelle, dass er nicht einmal schreiben könne. Das Wissen um den wirklichen "benefical owner" sei eine zentrale Frage, argumentierte er ähnlich der EU-Delegationsleiterin Regner. Zu dem Thema hat Pieth gemeinsam mit dem Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz einen Bericht herausgegeben ("Overcoming the Shadow Economy").

Panama – durch die sogenannten Panama Papers von Frühjahr 2016 als Steueroase ins Blickfeld geraten – sei nicht das einzige Problem für die Welt, das Land sei nur eine der Servicestelle: "Es gibt viele solche Orte, und wir tolerieren sie." Wenn Panama sagte, es gebe ja auch Delaware in den USA oder die British Virgins, "haben sie recht". Das schmutzigste Geld sammle sich immer am Ort der geringsten Regulierung, so wie auch Wasser immer an die tiefste Stelle fließe. Die Panama Papers seien nur ein rein zufälliger Ausschnitt der Realität. In den elf Millionen Dokumenten, darunter zu 200.000 Briefkastenfirmen der Kanzlei Mossack Fonseca, fänden sich "erstaunlich viele Minister und Staatschefs", erinnerte der Jurist, aber natürlich auch Drogengelder. Der "Offshorism" sei ein weltweites Problem, "und wir brauchen dazu eine Stellungnahme aus Europa – weil wir aus den USA derzeit nicht viel erwarten können", so Pieth.

Brexit und Trump

Der britische Ökonom Richard Murphy von der City University of London sprach sich ebenfalls für mehr Transparenz als wirksame Waffe gegen Steuervergehen aus. Wegen der Steuersünden anderer würden sich die Menschen immer schlechter fühlen – und das führe zu einem Populismus, dem auch der britische EU-Austritt (Brexit) und der neue US-Präsident Donald Trump zu verdanken seien, argumentierte der Brite. Zum Thema Steueroasen erscheint kommende Woche das neue Buch von Murphy mit dem Titel "Dirty Secret: How Tax Havens Destroy the Economy". (APA, 30.1.2017)