Schwarze Idee, rote Handschrift: Bei der Debatte um die kalte Progression, die Werktätigen höhere Steuern trotz stagnierender Einkommen beschert, haben sich SPÖ und ÖVP einen typischen großkoalitionären Kompromiss abgerungen. Herausgekommen ist eine Lösung, die sich schlechter verkaufen lässt, als sie ist: Statt alle sechs werden nur die beiden unteren Steuerstufen automatisch an die Inflation angepasst, ein Teil der Abgeltung soll anhand eines Progressionsberichts verteilt werden. Umständlich genug, um Verwirrung zu verbreiten – und den Verdacht unter Steuerzahlern, benachteiligt zu werden.

Im Prinzip sind die Argumente, mit denen die SPÖ eine simple, automatische Anpassung der Steuerstufen verhindert hat, schon berechtigt. Weil die Teuerung für die unteren Einkommenschichten höher ist als für die oberen, hätte das von Finanzminister Hans Jörg Schelling favorisierte Modell Gutverdiener über Gebühr entlastet – und für manche Bezieher moderater Einkommen wäre der gegenteilige Effekt eingetreten. Allerdings hätte sich diese "Umverteilung nach oben" in überschaubarem Rahmen gehalten.

Eine stärkere Lösung wäre gewesen: eine automatische Anpassung, die jeder versteht, dafür im Gegenzug eine Senkung der Sozialbeiträge. Dies würde jene Menschen unterstützen, die so wenig verdienen, dass sie gar keine Lohnsteuer zahlen – und von der Abgeltung der kalten Progression genau gar nichts haben. (Gerald John, 30.1.2017)