Villigen – Chile und Peru sind heute die weltweit größten Produzenten von Kupfer. Wann in der Geschichte Südamerikas mit dem Abbau des Metalls in großem Stil begonnen wurde, war bisher allerdings unklar. Handfeste Hinweise auf Kupfermetallurgie hatte man nur anhand von Artefakten der Moche-Kultur, die in der Ära von 200 bis 800 unserer Zeitrechnung an der nördlichen Küste Perus lebte.

Mithilfe eines Eisbohrkerns aus dem Illimami-Gletscher in Bolivien konnten Forscher des Schweizer Paul Scherrer Instituts (PSI) diese Wissenslücke nun zusammen mit internationalen Kollegen schließen. In Gletschereis fanden sie Spuren, die rund 2.700 Jahre zurückreichen – und damit weniger weit als zuvor angenommen. Die Studie ist im Fachmagazin "Scientific Reports" erschienen.

Die Untersuchung

Die Schichtung des Gletschereises ist wie ein historisches Archiv: Jedes Jahr lagert sich eine neue Schicht gefrorenen Niederschlags auf dem Gletscher ab, in der auch Staubteilchen aus der Luft mit eingeschlossen werden. In dem insgesamt 139 Meter langen Eisbohrkern untersuchten die Forscher um Anja Eichler und Margit Schwikowski insbesondere Ablagerungen von Metallstaub. Dafür ließen sie den Eisbohrkern mit einem Spezialgerät Schicht um Schicht abschmelzen und analysierten das Schmelzwasser mithilfe eines Massenspektrometers.

"So arbeiteten wir uns in der Zeit zurück bis ungefähr 4500 v. Chr. – das entsprechende Eis dieser Zeit lag in ungefähr 134 Metern Tiefe", erklärt Eichler. "Und wir stellten fest, dass die ersten höheren Kupferkonzentrationen, die auf den Menschen zurückgehen müssen, um das Jahr 700 v. Chr. auftraten."

Suche nach dem Ursprung

Zu dieser Zeit lebten zwei Kulturen in der Nähe des Gletschers, die als Quelle der Kupferpartikel infrage kommen: Die Chavin-Kultur, die die erste Zivilisation in den peruanischen Anden war, und die Chiripa-Kultur, eine einfachere Gesellschaft am Titicacasee. Eine oder möglicherweise beide könnten demnach Kupfererz geschmolzen haben, um reines Kupfer zu gewinnen.

Durch Archivrecherchen in zahlreichen Museen konnte Eichler auch zwei Artefakte aus dieser Zeit ausfindig machen: Eine verbogene Nadel aus der Chiripa-Kultur und ein Armband aus Bolivien, das sich keiner Kultur eindeutig zuordnen ließ.

Zwar gebe es laut Projektleiterin Schwikowski auch noch ältere Kupferobjekte aus der Zeit von 1400 bis 1100 vor unserer Zeitrechnung. Dabei handle es sich jedoch um gehämmerte Bleche aus gediegenem Kupfer. "Das ist elementares Kupfer, das so auch in der Natur vorkommt. Es ist aber sehr selten." Für größere Mengen müsse man das reine Kupfer aus abgebautem Erz gewinnen.

Frühere Ergebnisse revidiert

Mit ihren Ergebnissen widersprechen die Forschenden einer anderen Studie, die einige Jahre zuvor den Beginn der Kupferverhüttung in Südamerika auf etwa 2000 v. u. Z. datiert hatte. Diese frühere Untersuchung beruhte auf der Analyse eines Torfbohrkerns aus Feuerland. Auch Torf bildet Schichten, die ein Archiv der historischen Umweltbedingungen darstellen.

"Allerdings liegt Feuerland rund 3.000 Kilometer südlich von den Zentren der Metallurgie in den Anden", gibt Eichler zu bedenken. Außerdem könnte es sich bei den im Torf entdeckten Anstieg an Kupferpartikeln 2000 v. u. Z. um eine natürliche Schwankung gehandelt haben.

Der Torfbohrkern habe zeitlich nämlich nur wenig weiter zurück gereicht als jene 2000 v. u. Z., der nun untersuchte Eisbohrkern ging dagegen bis über 4500 v. u. Z. hinaus. "Dadurch waren wir in der Lage, die natürlichen Schwankungen in der Ablagerung von Kupferstaub vor dem Beginn der Verhüttung zu quantifizieren." (APA, red, 1. 2. 2017)