Kiew/Moskau – Angesichts der wiederaufgeflammten Kämpfe in der Ostukraine haben Russland, die Ukraine und die OSZE einen Waffenrückzug bis Sonntag vereinbart. Bis dahin sollen die Waffen entsprechend dem Minsker Abkommen von der Kontaktlinie zurückgezogen werden, teilte die Trilaterale Kontaktgruppe nach einem Treffen in Minsk mit. EU-Ratspräsident Donald Tusk warf indes Russland vor, die Kämpfe anzuheizen.

Der Trilateralen Kontaktgruppe gehören der OSZE-Sonderbeauftragte Martin Sajdik, der frühere ukrainische Präsident Leonid Kutschma sowie der russische Ex-Parlamentspräsident Boris Grislow an. Sie war am Mittwoch in der weißrussischen Hauptstadt zu einem Sondertreffen zusammengekommen, nachdem bei heftigen Gefechten seit dem Wochenende über ein Dutzend Menschen getötet worden waren.

Die Kontaktgruppe forderte in ihrem Treffen eine "volle und umfassende Waffenruhe", einen "sicheren Zugang" für die rund 600 OSZE-Militärbeobachter sowie eine Erleichterung der humanitären Bemühungen. Wegen der Kämpfe sind tausende Menschen ohne Wasser, Strom und Heizung geblieben.

Tusk macht Russland verantwortlich

Während einander Kiew und Moskau gegenseitig für die Kämpfe verantwortlich machten, zeigte EU-Ratspräsident Tusk am Donnerstag mit dem Finger auf Russland. "Wir werden wieder an die ständige Herausforderung erinnert, die die russische Aggression in der Ost-Ukraine darstellt", sagte er in Brüssel. Russland müsse seinen Einfluss auf die Rebellen nutzen, forderte der polnische Ex-Premier. "Die Kämpfe müssen sofort aufhören. Die Feuerpause muss respektiert werden."

Bundespräsident Alexander Van der Bellen äußerte sich beim Neujahrsempfang für das Diplomatische Corps ähnlich. Ohne Russland explizit zu erwähnen, forderte er "die Einstellung der Unterstützung der bewaffneten Formationen in der Ostukraine". "Die Entwicklungen in der Ostukraine erfüllen uns mit großer Sorge", fügte Van der Bellen im Beisein des amtierenden OSZE-Vorsitzenden Sebastian Kurz (ÖVP) hinzu.

Soldaten getötet

Die ukrainische Armee teilte am Donnerstag mit, dass bei Kämpfen zwei Soldaten getötet und 14 weitere verletzt worden seien. Die Aufständischen hätten mit Raketenwerfern und Artillerie angegriffen. Den Separatisten zufolge wurden bei Attacken der Armee fünf Zivilisten verletzt. Auch bei der südlichen Hafenstadt Mariupol kam es zu Gefechten. Die Behörden von Awdijiwka nördlich der Separatistenhochburg Donezk teilten mit, die Heizung in der umkämpften Stadt sei in Teilen wieder hergestellt.

Die Caritas verstärkte indes ihre Präsenz bei Awdijiwka, wie der österreichische Mitarbeiter Stefan Schwarz im Ö1-Mittagsjournal berichtete. Es seien 1.000 Pakete mit Nahrungsmitteln verteilt worden sowie Medikamente. Außerdem sei ein beheizbares Zelt aufgestellt worden, in dem sich Menschen aufwärmen können. 100 Kinder wurden aus der umkämpften Stadt in einen nahegelegenen Kurort gebracht.

Österreich hat heuer den Vorsitz der OSZE inne, die eine zentrale Rolle in den Bemühungen zur Lösung des Ukraine-Konflikts spielt. Außenminister Kurz besuchte die Kontaktlinie zwischen Armee und Rebellen in der Ostukraine Anfang Jänner in seiner Eigenschaft als amtierender OSZE-Vorsitzender. In der vergangenen Woche bemühte er sich in Kiew und Moskau um eine Ausweitung der OSZE-Beobachtermission in der Ostukraine. Sie soll künftig rund um die Uhr tätig sein. Das Mandat der vor drei Jahren eingerichteten Mission mit rund 1100 Mitarbeitern läuft Ende März aus, Beobachter rechnen aber fest mit einer Verlängerung. (APA, 2.2.2017)