Wien – Die Karriere von Pierre Boulez war noch jung, als er im Jänner 1957 erstmals im Wiener Konzerthaus dirigierte. In den Zeitungen setzte es schwere Verrisse. Und dennoch kehrte der Franzose oft und gerne nach Wien zurück: 41-mal gastierte er im Konzerthaus, ab 1978 als Ehrenmitglied der Institution. Im Jänner 2016 starb Boulez 90-jährig.

Das Konzerthaus widmet dem Künstler von 7. Mai bis 23. Juni nun ein umfassendes Porträt. Im Rahmen des alle zwei Jahre stattfindenden Internationalen Musikfests soll in insgesamt 14 Konzerten Pierre Boulez Gesamtwerk zur Aufführung gelangen. "Er hat seine Kompositionen oft revidiert, verworfen oder neu überarbeitet", erklärt Intendant Matthias Naske. "Wir wollen ausschließlich Werke zeigen, die der Komponist selbst als letztgültig anerkannt hat."

Auftakt mit Barenboim

Das Eröffnungskonzert mit den Wiener Philharmonikern findet am 14. Mai statt. Unter der Leitung von Daniel Barenboim stehen Boulez Notations I-IV für Orchester auf dem Programm, außerdem Smetanas Mein Vaterland. Den Auftakt dazu gibt Barenboim bereits am 7. Mai mit dem Boulez-Ensemble (Structures pour deux pianos und Schönbergs Verklärte Nacht).

Weitere Höhepunkte im Boulez-Schwerpunkt sind Le visage nuptial, dargebracht vom Radio-Symphonieorchester unter Cornelius Meister (21. Mai), Kammermusik mit Carolin und Jörg Widmann am 24. Mai und ein forderndes Schlussfurioso am 19. Juni: Das Klangforum Wien bringt die Großwerke ...explosante-fixe... und Répons an einem Abend zur Aufführung. Abseits des Schwerpunkts dirigieren etwa Paavo Järvi (Mahler) am 23. Mai und Christian Thielemann (Brahms) am 9. Juni.

Subventionskürzung

"Keine Freude" hat Konzerthaus-Chef Naske damit, dass die seit 1953 bestehende Kooperation mit den Wiener Festwochen im Sommer aufgekündigt wurde. Dem Konzerthaus entgehen dadurch 200.000 Euro, die als Quersubvention über die Wiener Festwochen an das Haus flossen. "Wir werden es dennoch meistern", so Naske, aber der Anteil öffentlicher Mittel am Budget liege "jetzt nur noch bei zwölf Prozent". Der Schritt sei ihm mit budgetärer Not erklärt worden, so Naske. Gleichfalls betroffen ist auch der Musikverein, der die Kooperation abwechselnd mit dem Konzerthaus gestaltete.

Die Festwochen werden heuer zum ersten Mal von Tomas Zierhofer-Kin programmiert, der vom popkulturellen Donaufestival kommt. SP-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny hat ihn mit dem Ziel geholt, die Festwochen für jüngeres Publikum zu öffnen. Sein Programm will Zierhofer-Kin in 14 Tagen präsentieren. Schon jetzt gab er bekannt, dass es mit "Hyperreality" eine neue Musikschiene für "experimentelle Clubkultur" geben soll.

Neue Formate bei Festwochen

"Ich kann vieles von der Leidenschaft, die Zierhofer treibt, teilen", so Naske. Dennoch würde er auch in Zukunft gerne kooperieren, etwa in den Außenbezirken. Bei den Festwochen steht man dem grundsätzlich positiv gegenüber. Im ersten Jahr unter Zierhofer konzentriere man sich aber auf neue Formate. Ein dreiprozentiger Finanzierungsvorbehalt seitens der Stadt zwinge auch dazu, Prioritäten zu setzen. (stew, 2.2.2017)