"Eine Katze gehört nach draußen!" So oder so ähnlich haben wir das bestimmt alle schon einmal gehört. Bei Stadtkatzen folgt meistens folgender Zusatz mit wehmütigem Unterton: "Ja, aber in der Stadt geht das halt nicht …"

Hier lässt sich schon ein großer Unterschied erkennen, der immer wieder gemacht wird. Auf der einen Seite gibt es die Stadt- oder Wohnungskatzen, die leider drinnen bleiben müssen, und auf der anderen Seite die Landkatzen, die ihre Freiheit in vollen Zügen genießen können. Aber was ist dran an solchen Klischees?

Die Gefahren

Dass der uneingeschränkte Freigang Gefahren birgt, dürfte jedem klar sein. Ich wage zu behaupten, dass jeder von uns jemanden kennt oder von jemandem gehört hat, dessen Katze überfahren worden ist. Somit stellt der Straßenverkehr die wohl größte Gefahr dar. Während dies für Stadtkatzen noch nachvollziehbar erscheint – immerhin gibt es in der Stadt sehr viel mehr Autos als auf dem Land –, wird bei Landkatzen oft folgendermaßen argumentiert: "Hier fahren nicht so viele Autos, da ist das schon okay." Für mich greift dieses Argument jedoch nicht. Autos sind in der Welt von Katzen nicht vorgesehen. Sie können nicht abschätzen, wie schnell sich so ein Auto bewegt und ob nun tatsächlich noch genügend Zeit bleibt, um über die Straße zu laufen, und folglich ist auch der Straßenverkehr die häufigste Todesursache bei Freigängern.

Und dass der Straßenverkehr für Katzen gefährlich ist, ändert sich nicht, wenn man hier eine Wahrscheinlichkeitsrechnung betreibt, etwa im Sinne von: "Hier fahren nur drei Autos am Tag durch." Wenn die Katze von einem dieser drei Autos angefahren oder gar überfahren wird, hat sich diese Wahrscheinlichkeitsrechnung für mich ad absurdum geführt.

Foto: Reuters/Mohamed Azakir

Doch natürlich gibt es außer dem Straßenverkehr noch viele andere Gefahren, denen Freigänger tagtäglich ausgesetzt sind. Gerade für Landkatzen sind hier landwirtschaftliche Maschinen zu nennen. Ich selbst kannte einen unglaublich lieben Kater, der nach einem Unfall mit einer Mähmaschine fortan auf drei Beinen durchs Leben humpelte. Gerade für Katzen, für die Springen und Klettern so wichtig sind, ist das natürlich ein ziemlicher Einschnitt in die Lebensqualität, auch wenn sie sich recht schnell an die neuen Gegebenheiten anpassen.

Dann wäre noch auf Vergiftungen durch Rattengift zu verweisen, aber auch auf Feldern eingesetzte Spritzmittel können zu Erkrankungen wie beispielsweise Hautausschlägen führen. Ebenso könnten Katzen in der Umgebung verdorbene Lebensmittel zu sich nehmen und krank werden.

Ein weiteres Gefahrenpotenzial bieten Kämpfe mit Artgenossen, aber auch anderen Tieren. Neben Hunden sind hier auch Marder und Füchse zu nennen. Wird die Katze bei solchen Kämpfen verletzt, kann sie auch schnell mit etwaigen Krankheiten angesteckt werden.

Auch ein Abschuss durch einen Jäger kann das Leben einer Katze vorschnell beenden, und das durchaus legal. Eine Katze, die mehr als 300 Meter von Wohngebäuden entfernt herumstreift, darf abgeschossen werden. Da man für Katzenreviere von mindestens 500 Metern im Radius ausgehen kann, ist dieser Wert natürlich schnell überschritten.

Das liebe Geld

Wir hören es nicht gerne, gerade wenn es um unsere Tiere geht, aber dennoch spielt es eine Rolle, das Geld. Leider landen Freigänger nach Unfällen oft im Tierheim, weil sich die Halter die Behandlungskosten nicht leisten können. Oder das Tier wird eingeschläfert, weil das billiger als eine Behandlung ist. 

So oder so, eine Katze im Freigang kostet mehr Geld, als dies eine Katze in der Wohnungshaltung für gewöhnlich tun würde.

Die Alternativen

Selbstverständlich steht es Katzenbesitzern frei, ob Sie Ihre Katze nach draußen lassen oder nicht. Dennoch sind vielen die Gefahren oft nicht klar, die sie ihrer Katze aussetzen, weswegen ich alternative Haltungsweisen erwähnen möchte.

Bei Stadt- beziehungsweise Wohnungskatzen ist die Alternative natürlich klar. Diese lautet: reine Wohnungshaltung. Viele schrecken davor zurück, weil sich die eingangs erwähnte Aussage hartnäckig hält. Doch viele Katzen genießen eine Haltung in der Wohnung geradezu. Ich weiß von ehemaligen Freigängern, die nun in einer Wohnung leben und gar nicht mehr nach draußen wollen.

Dieses Beispiel zeigt, dass man auch Freigänger an ein Leben in der Wohnung gewöhnen kann. Das geht natürlich nicht nach dem Motto: "Ab heute bleibt die Tür zu!" Da sind Probleme vorprogrammiert. Aber wenn Sie Ihrer Katze genug Abwechslung bieten, etwa mit einem Sozialpartner derselben Art, Kratzbäumen aus Baumstämmen, längeren Spieleinheiten und ein paar "Mitbringseln" aus der Natur (Tannenzapfen, Federn, Laub, et cetera), ist eine Umstellung kein Problem.

Auch kann man reinen Wohnungskatzen einen Katzenbalkon anbieten. Dieser wird einfach ins Fenster gehängt, und schon kann die Katze frische Luft und Aussicht genießen. Hat man einen richtigen Balkon, so kann dieser katzensicher gemacht werden.

Foto: Reuters/Peter Nicholls

Verfügt man über ein Haus oder eine Wohnung im Erdgeschoß mit Garten – unabhängig davon, ob man in der Stadt oder auf dem Land lebt –, so kann der Katze ein gesicherter Freigang ermöglicht werden. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Garten mit einem Zaun gesichert wird, den die Katze nicht überwinden kann. Das ist eine sehr gute Möglichkeit, die Katze nach draußen zu lassen, ohne sie den Gefahren des uneingeschränkten Freiganges auszusetzen.

Es gibt mittlerweile viele Profis, die Katzenzäune anbieten. Handwerklich Geschickte können auch selbst einen Zaun bauen oder einen bestehenden Zaun katzensicher umrüsten. Wichtig ist hier, darauf zu achten, dass die Zwischenräume im Zaun auch wirklich so klein sind, dass die Katze nicht durchpasst. Es empfiehlt sich überhaupt ein sehr feinmaschiger Zaun, da Katzen sich durch die kleinste Lücke zwängen können, wenn sie wollen. Auch muss der Zaun hoch genug sein, um ein Überspringen zu verhindern. Weiters sollte der obere Teil nach innen geneigt sein. Das verhindert, dass die Katze nach draußen klettert, da Katzen nicht kopfüber klettern.

Freigang – ein Muss?

Zurück zur eingangs gestellten Frage. Ist Freigang für Katzen also ein Muss? Nein, ganz im Gegenteil. Es ist eine Tatsache, dass Freigänger sehr viel kürzer leben als ihre Artgenossen in der Wohnung beziehungsweise im gesicherten Freigang. Das ist schon einmal einer der Hauptgründe, warum ich persönlich meinen Katzen keinen uneingeschränkten Freigang gewähren würde, egal wo ich lebe. Als Katzenhalterin fühle ich mich der Sicherheit meiner Schützlinge verpflichtet. Auch können ehemalige Freigänger mit ein wenig Planung und gutem Willen seitens des Halters an ein Leben drinnen beziehungsweise im gesicherten Freigang gewöhnt werden. Nach ein paar Wochen haben sie sich meistens problemlos angepasst.

Natürlich hat eine Haltung im uneingeschränkten Freigang Vorteile: Freigänger können alleine gehalten werden und brauchen eine weniger intensive Beschäftigung als Wohnungskatzen. Die Nachteile liegen in der kürzeren Lebenserwartung und eventuell höheren Tierarztkosten aufgrund von Verletzungen und Krankheiten.

Doch ebenso kann man Vor- und Nachteile für Wohnungshaltung und gesicherten Freigang anführen. Die Vorteile liegen in der längeren Lebenserwartung der Katze und dass sehr hohe Behandlungskosten aufgrund von Verletzungen dem Halter meistens erspart bleiben. Nachteile sind, dass eine Wohnungskatze nie alleine gehalten werden sollte, sondern immer mindestens zu zweit, was ein wenig höhere Haltungskosten mit sich bringt. Auch muss man sich mit reinen Wohnungskatzen intensiver beschäftigen.

Letztendlich entscheiden Katzenhalter, wie sie ihr Tier halten wollen. (Cats-pertin Andrea Zutz,15.2.2017)