Wer politisch auf Sicht fährt und dabei das Gaspedal voll durchdrückt, der riskiert den Crash des demokratischen Dialogs. Jüngstes Beispiel aus Europa: die Lockerung der Antikorruptionsgesetze in Rumänien. Gerade einmal eine Woche alt ist der Bericht der Europäischen Kommission über Rumäniens Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung.

Darin gab es viel Lob, etwa für die Erfolgsbilanz der Antikorruptionsbehörde DNA. Es bestehe aber auch Grund zur Sorge, da zuletzt "Versuche unternommen wurden, die Gesetze über die Strafbarkeit von Korruptionsdelikten wieder zu ändern, wobei die wichtigsten staatlichen und juristischen Organe vielfach nicht konsultiert wurden". Die Antwort aus Bukarest: eine Einschränkung der Strafverfolgung wegen Amtsmissbrauchs – und zwar per Dekret, vorbei am Parlament.

Deutlicher kann man der EU den Stinkefinger kaum zeigen. Rumäniens Regierung jedoch hat die Rechnung ohne die eigenen Bürger gemacht. Die haben sich zu den größten Massenprotesten seit dem Fall des Kommunismus versammelt und wissen Staatspräsident Klaus Iohannis auf ihrer Seite. Selbst in der Regierung bröckelt die Zustimmung. Korruption in Rumänien ist damit nicht nur Thema der europäischen Innenpolitik, sondern vor allem eines der rumänischen. Das Match "Bukarest gegen Brüssel", in dem sich Kritik an heimischen Eliten prächtig als Angriff auf patriotische Gefühle inszenieren ließe, ist vorerst abgesagt. (Gerald Schubert, 2.2.2017)