Christian Scholz nimmt einen aktuellen Tatort-Fall als Anlass um über die Probleme der Generationen Y und Z in der digitalisierten Arbeitswelt nachzudenken.: "Unsere aktuelle Arbeitswelt forciert immer mehr brutalen Darwinismus und belohnt individuellen Opportunismus. Diese Aussage klingt extrem und schreit reflexhaft nach Widerspruch. Doch leider stimmt sie."

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Fernsehen bildet und regt zur Diskussion an – nicht immer, aber immerhin manchmal. So auch beim ORF-Tatort Schock (22. Jänner 2017), der explizit die Probleme der Generation Y behandelt. Über diesen Film und seine Aussagen sollte man nachdenken.

Zunächst etwas Originalton aus dem Film: "Völlig normal für die Generation Y: Leistungsdenken. Konkurrenzkampf. Sinndefizite und Gewaltbereitschaft. Sie lebt im Spannungsverhältnis von maximaler Beschleunigung und maximalem Wettbewerb bei minimalen Zukunftsperspektiven. Als Manövriermasse des Kapitals sind sie unfreiwillige Erben der Wirtschaftskrise: Hochmotiviert, aber total überfordert. Top ausgebildet, leistungsstark und trotzdem millionenfach arbeitslos und ohne die Lebens- und Jobaussichten, die man ihnen versprochen hat."

Viele Probleme

Das bildet ungeschönt die Realität an Hochschulen und letztlich allgemein in unserer Arbeitswelt ab. Die Aussage wird allerdings in der medialen Nachbearbeitung als unrealistisch weggewischt und verdrängt – wie es überhaupt oft mit der Generation Y und ihren Problemen passiert. Vor allem Politiker und Hochschulleitungen sehen die Situation im Regelfall anders. Nur: Die Beschreibung aus dem Film deckt sich weitgehend mit dem, was Wissenschafter in ganz Mitteleuropa und in vielen anderen Ländern über diese Generation schreiben.

Auch weisen genug Studien auf massive Probleme hin: So wurde laut Barmer-Gesundheitsreport bei jedem Vierten der 16- bis 30-Jährigen mindestens einmal eine psychische Erkrankung diagnostiziert.

Unsere aktuelle Arbeitswelt forciert immer mehr brutalen Darwinismus und belohnt individuellen Opportunismus. Diese Aussage klingt extrem und schreit reflexhaft nach Widerspruch. Doch leider stimmt sie, und noch schlimmer: Die Spirale aus "maximaler Beschleunigung und maximalem Wettbewerb bei minimalen Zukunftsperspektiven" dreht sich im Zeitalter der Digitalisierung immer schneller.

Was nicht belegt ist: Die Generation Y sei gewaltbereiter. Zum einen gibt es wenig Hinweise darauf, dass diese Generation tatsächlich eine höhere Gewaltbereitschaft aufweist. Auch die permanenten Hinweise auf Computerspieler mit angeblicher Waffenliebe im echten Leben sind letztlich ebenso wenig fundiert wie der automatische Schluss von Sportschützen oder Jägern zu Massenmördern. Sicherlich gibt es bei Gewalt nie völlige Entwarnung: Nur passt sie als zentrale Eigenschaft der jungen Generation allenfalls in einen Krimi.

Was Y und Z voneinander trennt

Zum anderen – und das ist für die weitergehende Diskussion in der Wirklichkeit wichtig – differenziert der Film nicht zwischen Generation Y (ungefähr ab 25 Jahre) und Generation Z (ungefähr bis 25 Jahre). Diesen Unterschied kennt man aus unzähligen Studien und erlebt ihn im Betrieb ebenso wie an der (Hoch-)Schule.

Die Generation Z sieht, wie die Generation Y in der Welt aus unerfüllten Versprechungen und zunehmendem Wettbewerb steckt, im Hamsterrad läuft und dort gefangen ist. Die Generation Z erlebt, wie Familien zerbrechen und soziale Strukturen erodieren. Und auch wenn sie sich wenig politisch engagiert, hat die Generation Z zumindest im Unterbewusstsein eine andere Auffassung vom Leben. Dazu gehört die klare Trennung zwischen Berufs- und Privatleben, um Stress zu reduzieren und die Lebensqualität zu erhöhen.

Sicherlich sind nicht alle jüngeren Studierenden "echte" Vertreter der Generation Z, wie auch nicht alle älteren Studierenden perfekt in das Bild der Generation Y passen. Es geht vielmehr um graduelle Veränderungen, die aber trotzdem spürbar sind: Die Generation Z sucht und akzeptiert weniger Wettbewerb, geht zumindest in der Kleingruppe wirklich fürsorglich mit den Kommilitonen und Kollegen um, lebt tendenziell gesundheitsbewusster, achtet etwas mehr auf gesünderes Essen, mehr Schlaf, weniger Alkohol, mehr Sport und schaltet auch mal ohne Aufforderung das Smartphone aus. Sicherlich hat auch diese Generation ihre Schattenseiten, um die es jetzt aber einmal nicht geht.

Antworten gesucht

Noch ein Auszug aus einem Interview mit dem jungen Schauspieler Aaron Karl aus diesem Tatort – er drückt implizit auch das Gefühl der Generation Z aus: "Unsere Generation muss endlich über diesen ständigen Konkurrenzkampf und das blinde Konsumieren hinauswachsen. Wir bekommen so viele Dinge geboten, von Lebensmitteln bis zur Kleidung, die auf der anderen Seite des Planeten so viel Zerstörung und Leid anrichten, und sind zu gemütlich, um zu hinterfragen, wie das ganze Zeug eigentlich produziert wird."

Im Film geht es um die Brutalität in der Lebenswirklichkeit zumindest von Teilen der Generation Y, die für sich selbst viele unterschiedliche Formen des Umgangs damit findet: Tabletten, Verdrängung, aber auch erfolgreiche Bewältigung. Wir brauchen Antworten für diese Generation Y – und zwar rasch.

Zudem sollten wir jenseits vom Tatort Schock intensiv und quer über alle Generationen diskutieren, wie wir die positiven Spurenelemente der Generation Z als wertvolle Bereicherung für unsere Arbeitswelt einsetzen können.