3-D-Rekonstruktionen der Dendriten (Zellfortsätze der Neuronen) mit den Synapsen am Ende der feinen Verästelungen. Diese Synapsen werden durch die Schlafphasen geschrumpft.

Wisconsin Center for Sleep and Consciousness

Madison/Wien – Dass sich im Schlaf unsere Erinnerungen festigen und ins Langzeitgedächtnis übergehen, ist längst bekannt. Weniger klar ist aber, welche neuronalen Prozesse im Gehirn nächtens dafür sorgen, dass wir gelernte Dinge im Kopf behalten. Einen ersten Hinweis lieferte eine Studie aus dem Vorjahr: Wie EEG-Messungen zeigten, sind bei Menschen mit Schlafmangel die Synapsen – also die Verknüpfungen der Neuronen – überaktiv. Das wiederum führt dazu, dass diese Personen sich schwer tun, Neues zu lernen und zu behalten.

Zwei neue Studien im Fachblatt Science schließen an diese Erkenntnisse an und liefern nun detailliertere Aufschlüsse über die nächtlichen neuronalen Vorgänge im Gehirn. Zwar wurden beide Untersuchungen "nur" an den Synapsen von Mäusen durchgeführt. Dennoch ist davon auszugehen, dass sich im menschlichen Gehirn ganz ähnliche neurophysiologische Prozesse abspielen.

Reduzierte Berührungsfläche

In der ersten Studie nahmen Luisa de Vivo (University of Wisconsin-Madison) und ihr Team je rund 7000 Synapsen von ausgeschlafenen und wachgebliebenen Mäusen unter die Lupe oder genauer: analysierten sie mittels 3D-Raster-Elektronenmikroskopie. Dabei ließen sich eindeutige Unterschiede in Größe und Struktur festmachen: Vor allem hatte sich bei den ausgeschlafenen Nagern die Berührungsfläche der Synapsen um knapp 20 Prozent reduziert. Für de Vivo und ihr Team stützen diese Ergebnisse die Annahme, dass sich im Schlaf die Synapsenstärke wieder renormalisiert, während sie im Wachzustand vergrößert ist.

Verringerte Proteinauschüttung

In der zweiten Studie untersuchte Graham Diering (Johns Hopkins University) mit Kollegen die Menge der in den Mäusesynapsen ausgeschütteten Rezeptorproteine. Auch hier kam es durch den Schlaf zu einer Verringerung um rund 20 Prozent. Für die Forscher ist dies ein weiterer Hinweis darauf, dass im Schlaf eine Art "Rekalibrierung" des Gehirns stattfindet: Durch die "Schrumpfungen" der Synapsen und ihrer Aktivitäten werde wieder Platz für Neues geschaffen. (tasch, 6.2.2017)