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Facebook muss sich erstmals wegen Hasskommentaren selbst vor Gericht verantworten

Foto: Reuters/Duvignau

Nach seiner Ankunft in Deutschland 2015 machte der Flüchtling Anis M. ein Selfie mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel – und musste dann zusehen, wie dieses Bild in den folgenden Monaten immer wieder für Hass im Netz missbraucht wurde. So wurde etwa behauptet, der Flüchtling habe einen Obdachlosen angezündet, auch im Bereich Terrorismus wurden ihm üble Machenschaften vorgeworfen. Deshalb brachte sein Anwalt Chan-jo Jun, der sich immer wieder gegen Facebook engagiert, eine Klage gegen das soziale Netzwerk ein.

Facebook soll nicht gelöscht haben

Am Montagnachmittag beginnt nun der Prozess in Würzburg. Es ist das erste Mal, dass sich nicht nur Facebook-Nutzer, sondern das soziale Netzwerk selbst wegen Hasspostings vor Gericht verantworten muss. Das Unternehmen soll sich wiederholt geweigert haben, verleumderische Inhalte im Zusammenhang mit dem Merkel-Selfie zu löschen, behauptet Chan-jo Jun. Damit soll Facebook selbst gegen deutsches Recht verstoßen haben.

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Das Selfie von Anis M. soll mehrfach in verleumderischer Weise missbraucht worden sein
Foto: Reuters

Signalwirkung

Anwalt Christian Solmecke, der 2016 mit Chan-jo Jun Facebook-Chef Mark Zuckerberg angezeigt hatte, spricht von einem "Fall von größtem Interesse". Urteilt das Gericht gegen Facebook, droht dem Unternehmen eine Lawine von Prozessen. In zusätzlichen Prozessen könnten Nutzer dann Schmerzensgeld von Facebook verlangen. Das soziale Netzwerk könnte außerdem gezwungen werden, technisch zu verhindern, dass bestimmte Fotos weiter verbreitet werden.

Aber auch ein Freispruch für Facebook wäre für das soziale Netzwork wohl nur ein Etappensieg, da die deutsche Politik dann laut Stern.de weitere Gesetzesverschärfungen gegen Hass im Netz planen könnte. Das Gericht hat die Entscheidung auf 7. März vertagt, bis dahin könnte eine außergerichtliche Einigung stattfinden. (fsc, 6.2.2017)