Warum putzen einige Menschen immer fleißig die Zähne und bekommen dennoch Karies, während andere es mit der Mundhygiene nicht so genau nehmen und trotzdem keine Löcher haben? Das könnte an genetischen Defekten im Zahnschmelz liegen, sagen Wissenschafter der Uni Zürich.

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Zürich – Karies ist die häufigsten Infektionskrankheit weltweit. 99 Prozent der Erwachsenen sind davon betroffen, heißt es vonseiten der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die meisten Menschen stecken sich in der Kindheit mit den kariogenen Bakterien an – etwa wenn Mama oder Papa beim Füttern den Löffel abschlecken und dann dem Nachwuchs in den Mund schieben.

Mit einer sorgfältigen Mundhygiene sollte das Problem aus der Welt geschafft sein. Könnte man meinen. Trotzdem gibt es gibt Menschen, die zwar viel für ihre Zahngesundheit tun, aber dennoch nicht von Füllungen und Kronen verschont bleiben. Sie putzen zweimal täglich mindestens drei Minuten lang ihr Kauwerkzeug, nehmen Zahnseide, verzichten weitgehend auf demineralisierenden Zuckerstoffe bzw. Kohlehydrate und gehen halbjährlich zur zahnärztlichen Kontrolle. Trotzdem muss regelmäßig gebohrt werden. Andere wiederum nehmen es nicht so genau mit der Mundhygiene und bekommen trotzdem keine Löcher.

Forscher der Universität Zürich konnten nun nachweisen, dass Mutationen in einem Genkomplex, der für die Bildung von Zahnschmelz verantwortlich ist, zu Defekten führt und damit die Entwicklung von Karies begünstigt. Die Schweizer Zahnmediziner und Molekularbiologen verwendeten dazu Mäuse mit unterschiedlichen Mutationen in den Schmelz-Proteinen, die am sogenannten Wnt-Signalweg beteiligt sind. Durch diesen Übertragungsweg reagieren menschliche und tierische Zellen auf äußere Signale und aktivieren im Zellkern gezielt ausgewählte Gene. Er ist beispielsweise wichtig für viele Vorgänge bei der Embryonalentwicklung – etwa der Bildung von Organanlagen. In adulten Zellen ist er hingegen zumeist inaktiv.

Defekter Zahnschmelz durch Mutationen

"Alle Mäuse mit Mutationen in diesen Proteinen hatten Schmelzdefekte an ihren Zähnen. Damit konnten wir zeigen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Mutationen in den genetischen Bauplänen für diese Proteine und der Entwicklung von Defekten im Zahnschmelz besteht", sagt Pierfrancesco Pagella, Erstautor der Studie.

Für ihre Studie nutzen die Wissenschaftler moderne genetische, molekulare und biochemische Methoden, um Zahnschmelzdefekte detailliert zu untersuchen. "Dabei zeigte sich, dass drei bestimmte – am Wnt-Signalweg involvierte – Proteine an der qualitativen Verfeinerung von Gewebe beteiligt sind. Funktioniert die Signalübertragung nicht richtig, kann sich die Struktur des Zahnschmelzes verändern", erklärt der Molekularbiologe Claudio Cantù.

Demnach ist auch die Härte und Zusammensetzung des Zahnschmelzes wichtig, wie resistent die Zähne gegen Karies sind. "Wir haben aufgezeigt, dass Karies nicht nur im Zusammenhang mit Bakterien steht, sondern auch mit der Widerstandsfähigkeit des Zahnes verbunden ist", fasst Mitautor Thimios Mitsiadis die Forschungsergebnisse zusammen. Bakterien und ihre toxischen Produkte können also leichter in einen Zahnschmelz mit einer weniger stabilen Struktur eindringen, was wiederum zu kariösen Läsionen führt. Davor schützt selbst intensives Putzen nicht. (red, 8.2.2017)