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In der Führung des Internationalen Währungsfonds gibt es Unstimmigkeiten in der Bewertung von Griechenlands Schuldenlast.

Foto: ap / Lefteris Pitarakis

3,5 ist die Zahl, an der sich die Geister scheiden. 3,5 Prozent Haushaltsüberschuss ohne Zinszahlungen soll Griechenland 2018 mit Sparen, Kürzen und dem Erhöhen von Steuern erwirtschaften. Darauf hatten sich die Kreditgeber und die Regierung in Athen im Krisensommer 2015 geeinigt.

Finanzexperten in der griechischen Hauptstadt, die nicht im Dienst der Regierung stehen, hielten das von Beginn an für Unsinn. Auch der Gouverneur der Nationalbank und Finanzminister der früheren von den Konservativen geführten Regierung, Giannis Stournaras, nannte die Höhe dieses Primärüberschusses unrealistisch und kontraproduktiv. Vor allem aber sperrte sich der Internationale Währungsfonds. Jetzt ist klar: Auch innerhalb des IWF wird über Griechenland gestritten, zumindest eine Minderheit der Direktoren unterstützt sehr wohl die Zahl 3,5 und weitere Sparmaßnahmen und Besteuerungen.

Kreditbeteiligung unklar

Eine Entscheidung über eine Beteiligung des IWF am dritten, 2015 geschnürten Hilfspaket für Athen in der Höhe von maximal 86 Milliarden Euro hat die Gouverneursratssitzung des Fonds in Washington am Montag jedoch nicht erbracht. Sie stand auch nicht an – das Leitungsgremium des IWF beriet über den turnusmäßigen Länderbericht zu Griechenland. Doch die links geführte Regierung in Athen nahm sich am Dienstag aus der offenbar gewordenen Uneinigkeit im IWF, was sie für ihre Politik braucht: Kein Anlass für weitere Sparmaßnahmen, insbesondere keine weiteren Kürzungen bei den Pensionen, erklärte Infrastrukturminister Christos Spirtzis; dafür aber gab es in Athen Genugtuung darüber, dass eine Mehrheit der Direktoren des IWF einmal mehr Griechenlands Schuldenlast für nicht tragfähig erachtete und die anderen Kreditgeber in der EU zu Erleichterungen aufrief.

Im Exekutivdirektorium des IWF in Washington, das die Tagesgeschäfte der Organisation führt, sitzen 24 Mitglieder. Die sechs Staaten mit dem höchsten Kapitalanteil am Fonds stellen ihren eigenen Direktor (USA, Japan, China, Deutschland, Frankreich und Großbritannien); die anderen, darunter Österreich, sind in Ländergruppen organisiert und wählen dort einen Direktor, der sie vertritt.

Streitpunkt Arbeitsmarkt

In Athen ist derzeit die zweite Überprüfung der Reformen durch die Gläubiger immer noch nicht abgeschlossen. Strittig ist unter anderem die weitere Liberalisierung des Arbeitsmarktes. Damit verzögert sich, wie schon oft in der Vergangenheit, die Entscheidung über die Auszahlung der nächsten Kreditrate. Allerdings droht dem Staat dieses Mal zumindest bis zum Sommer kein Finanzengpass.

Der IWF räumte erstmals 2013 – im vierten Jahr der griechischen Finanzkrise – Fehler bei der Aufstellung der Hilfsprogramme mit deren Spar- und Steuerauflagen ein. So gingen die IWF-Experten von einem Einbruch der griechischen Wirtschaft um 5,5 Prozent aus. In Wirklichkeit führte der Austeritätskurs zu einem Minus von 17 Prozent im Jahr 2012 im Vergleich zu 2009; die Rezession dauerte zunächst auch bis 2014. Bei der Arbeitslosenrate sagte der IWF einen Anstieg auf 15 Prozent voraus; in der Realität kletterte sie auf 25 Prozent. (Markus Bernath aus Athen, 7.2.2017)