London will raus aus der EU.

Foto: apa/Daniel Leal-Olivas

London – Das britische Unterhaus stimmt am Mittwoch abschließend über den Start des Verfahrens zum Austritt Großbritanniens aus der EU ab. Die Einbindung des Parlaments wurde durch ein im Jänner verkündetes Urteil des Obersten Gerichts in London erforderlich. Erst mit einer Zustimmung der Abgeordneten kann Premierministerin Theresa May ihre geplante offiziellen Erklärung zum EU-Austritt abgeben.

Aber auch dann steht dem Land bis zum Ende der Mitgliedschaft in der Europäischen Union noch ein langer Weg bevor.

Rolle des Parlaments

Bei einer ersten Abstimmung am 1. Februar votierten 498 Abgeordnete für die Vorlage, 114 dagegen. Gibt das Unterhaus am Mittwoch nun Grünes Licht, geht das Gesetz ins Oberhaus.

Obwohl die meisten Parlamentarier einen Brexit ablehnen, dürften sie May kaum Steine in den Weg legen, um nicht den Zorn ihrer Landsleute auf sich zu ziehen, die am 23. Juni 2016 mehrheitlich dafür stimmten.

May will bis Ende März den Austritt nach Artikel 50 des EU-Vertrages offiziell erklären. Danach tickt die Uhr: Beide Seiten haben zwei Jahre Zeit, um einen Austrittsvertrag zu vereinbaren, der die Entflechtung der Beziehung regelt.

"Harter" Brexit

May strebt mit ihrer Regierung einen "harten" Brexit aus der Europäischen Union an. Mit dem Austritt aus der EU soll Großbritannien zugleich auch den europäischen Binnenmarkt und den Gerichtshof in Straßburg verlassen. Um Handelsabkommen mit anderen Ländern schließen zu können, will London eine neue Zollvereinbarung mit der EU erreichen.

Zeitplan

Die Austrittsabsicht nach Artikel 50 des EU-Vertrags will May bis Ende März offiziell mitteilen. Danach besteht eine Zweijahresfrist zum Abschluss der Austrittsgespräche mit der EU. Der Brexit-Verhandlungsführer der EU-Kommission, Michel Barnier, hat sich dafür ausgesprochen, die Verhandlungen vor der Wahl zum Europäischen Parlament im Jahr 2019 zu beenden.

Dem ausgehandelten Abschlussvertrag müssten auf EU-Seite 27 Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit zustimmen. Nötig wären dafür mindestens 19 EU-Länder, die 65 Prozent der Bevölkerung vertreten. Das Europaparlament würde den Austrittsvertrag mit einfacher Mehrheit billigen. Sollte es in der vorgesehenen Frist nicht zu einem Austrittsvertrag kommen, erlischt Großbritanniens Mitgliedschaft.

Übergangsphase und Gesetze

Die Premierministerin hat sich für eine "abgestufte Herangehensweise" beim Brexit ausgesprochen, um britische Unternehmen zwischen dem EU-Austritt und dem Greifen neuer Abkommen nicht in der Luft hängen zu lassen. Sie hält Übergangsfristen in bestimmten Wirtschaftsbereichen für denkbar, was im gegenseitigen Interesse sei. Einen "unbegrenzten Übergangsstatus" will May aber vermeiden. Sämtliche EU-Gesetze, die in Großbritannien Anwendung finden, sollen in britisches Recht übertragen werden.

Einwanderung

Die Begrenzung der Einwanderung, Hauptargument vieler Brexit-Befürworter, soll nach Mays Worten Priorität bei den Austrittsverhandlungen haben. Jedes Jahr zieht es Hunderttausende Menschen auf die Insel, viele von ihnen kommen aus Ost- und Südeuropa. Die bisherigen Rechte von bereits in Großbritannien lebenden EU-Bürgern sollen May zufolge weiter gewahrt bleiben, wenn dies umgekehrt auch für die in EU-Staaten lebenden Briten gelte. (APA, 8.2.2017)