Künstlerische Darstellung eines mittelschweren Schwarzen Lochs im Kugelsternhaufen 47 Tucanae. Auffällige Bewegungsmuster anderer Objekte lassen auf dessen Existenz schließen.

Illustration: CfA / M. Weiss

Cambridge/Wien – Die Messung von Gravitationswellen im Vorjahr war eine wissenschaftliche Sensation. Erstmals waren jene Störungen der Struktur von Raum und Zeit aufgespürt worden, die Albert Einstein in seiner allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt hatte. Damit war auch der bisher konkreteste Nachweis für die Existenz Schwarzer Löcher erbracht: Die Messung muss von der Verschmelzung von zwei Schwarzen Löchern stammen, die aus Sternen entstanden waren.

Solche sogenannten stellaren Schwarzen Löcher weisen zwischen etwa fünf und einigen Dutzend Sonnenmassen auf und stehen am gewaltsamen Ende der Entwicklung massereicher Sterne. Dann gibt es aber auch noch supermassive Schwarze Löcher, die sich vermutlich in den Zentren der meisten Galaxien befinden.

Deren Entstehung ist um einiges rätselhafter, fest steht aber: Diese Schwerkraftgiganten können die millionen- bis milliardenfache Sonnenmasse erreichen. Schon länger nehmen Forscher an, dass es auch eine Klasse zwischen diesen beiden Extremen geben muss, die auf Kollisionen massereicher Sterne zurückgehen könnte. Doch ein eindeutiger Nachweis für die Existenz von mittelschweren Schwarzen Löchern blieb bisher aus.

Heller Haufen

Nun entdeckten Astronomen um Bülent Kiziltan vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge deutliche Hinweise auf ein solches Mittelgewicht im Kugelsternhaufen 47 Tucanae (Sternbild Tukan). Wie sie im Fachblatt "Nature" berichten, befindet sich dort mit großer Wahrscheinlichkeit ein Schwarzes Loch mit 2200 Sonnenmassen.

47 Tucanae, der zweithellste Kugelsternhaufen des Himmels, beherbergt Millionen von Sternen und ist von der Erde aus mit bloßem Auge erkennbar. Schon in der Vergangenheit wurde dort nach Schwarzen Löchern gesucht, bislang aber vergeblich. Oft werden Schwarze Löcher durch Röntgenstrahlen aufgespürt, die beim Aufsammeln von Materie freigesetzt werden. Doch das Zentrum von 47 Tucanae ist praktisch frei von Gas, wodurch ein Schwarzes Loch unbeobachtet vor sich hin hungern würde.

Verräterische Pulsare

Kiziltan und Kollegen entdeckten nun Auffälligkeiten in der Verteilung und dem Bewegungsmuster von Sternen und Pulsaren in dem Kugelhaufen, die darauf hindeuten, dass hier der gravitative Einfluss eines unbekannten Objekts hineinspielen muss. Modellrechnungen ergaben, dass ein Objekt mit vermutlich rund 2200 Sonnenmassen dafür verantwortlich sein dürfte – und das wäre eindeutig ein mittelschweres Schwarzes Loch.

Die Entdeckung weckt Hoffnungen, dass sich ähnliche Mittelgewichte auch in anderen Kugelsternhaufen verstecken könnten. Durch ihre Erforschung ließe sich künftig vielleicht auch mehr über die rätselhafte Evolution der supermassereichen Schwarzen Löcher erfahren, so Kiziltan: "Denn wir glauben, dass diese Objekte die fehlende Verbindung zwischen stellaren und supermassereichen Schwarzen Löchern darstellen." (David Rennert, 9.2.2017)