Spaniens Nuklearer Sicherheitsrat (CSN) genehmigt die Wiederinbetriebnahme des ältesten Reaktors des Landes, Garoña nahe der nordspanischen Stadt Burgos, und das, obwohl er über 40 Jahre alt ist. Umweltschutzorganisationen und Opposition und selbst die Vereinigung der für den CSN tätigen AKW-Inspektoren (ASTECSN) protestieren gegen die Entscheidung.
Das 1970 eingeweihte Atomkraftwerk ist baugleich mit dem japanischen Katastrophenreaktor Fukushima und geriet immer wieder durch Störfälle in die Schlagzeilen. 2011 wurde die Laufzeit erstmals vier Jahre über die einst vorgesehenen 40 Jahre hinaus verlängert. Seit 2012 steht das AKW aus wirtschaftlichen Gründen still. Jetzt muss die konservative Regierung unter Mariano Rajoy noch zustimmen. Aber dass sie das tun wird, daran zweifelt niemand. Die Konservativen verteidigen eine allgemeine AKW-Laufzeit von bis zu 60 Jahren.
Erneut Genehmigung erteilt
Der CSN erließ bereits vor Jahren für Garoña Auflagen, das Sicherheitssystem auszubauen. Die betreibenden Energieversorger Endesa und Iberdrola haben dies bisher ignoriert. Dennoch wurde die erneute Genehmigung erteilt. Bevor das AKW wieder ans Netz gehe, müsse es renoviert werden, erklärt der CSN. "Das ist ein Wechsel bei den Sicherheitskriterien", beschweren sich die AKW-Inspektoren. Sie hatten gefordert, dass die Betreiber, wie bisher üblich, zuerst die Auflagen erfüllen, bevor eine erneute Genehmigung erteilt wird.
So mancher zweifelt daran, dass Endesa und Iberdrola das AKW in Garoña überhaupt wieder flottmachen wollen. Der Reaktor ist klein und lieferte in seinem letzten Jahr nur rund sechs Prozent des Atomstroms, der in Spanien rund 20 Prozent des Gesamtverbrauchs ausmacht. Eine Renovierung wäre nicht unbedingt rentabel.
Geht um Präzedenzfall
"Es geht darum, einen Präzedenzfall zu schaffen", ist sich Juan López Uralde, Vorsitzender der grünen Partei Equo, sicher. "Regierung und Betreiber wollen die Laufzeit der großen AKWs auf 60 Jahre verlängern", befürchtet Uralde, der einst der spanischen Greenpeace-Sektion vorstand und 2015 auf der Podemos-Liste ins Parlament einzog.
Ganz konkret geht es um Almaraz in der südspanischen Provinz Cáceres nahe der portugiesischen Grenze. Spätestens im Juni muss eine neue Betriebsgenehmigung für die beiden Reaktoren, die rund 30 Prozent des spanischen Atomstroms liefern, beantragt werden. 2023 wird Almaraz 40 Jahre alt. Die aktuelle Genehmigung läuft 2020 aus. Alles deutet auf eine geplante Verlängerung der Laufzeit in Almaraz hin.
Spanien hat kein Endlager
"Das Problem, das die Betreiber haben, ist der Atommüll", erklärt Uralde. Spanien hat kein Endlager. Alle bisherigen Baupläne wurden durch Bürgerproteste vereitelt. Die Zwischenlager in den AKWs sind voll. Das gilt auch für Almaraz. Dort reicht die Lagerkapazität bis zum Ende der bisher vorgesehenen 40-jährigen Laufzeit.
Vor wenigen Monaten hat die spanische Regierung den Ausbau des Zwischenlagers genehmigt. Die portugiesische Regierung protestierte gegen den Beschluss. Sie verlangt, angehört zu werden, denn Almaraz liegt am Fluss Tajo – oder Tejo, wie er in Portugal heißt. Ein Störfall in Almaraz hätte schwere Folgen für das Nachbarland Spaniens. Die Regierung Portugals hat deshalb vor der EU-Kommission in Brüssel Beschwerde gegen den Ausbau des Zwischenlagers eingereicht. (Reiner Wandler aus Madrid, 9.2.2017)