Tritt im April zurück: Josef Pühringer.

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Josef Pühringer hat den Tag seines Rücktritts gerne und oft als "Tag X" bezeichnet. Die große Unbekannte. Der letzte große Überraschungsmoment vor der Politpension. Und plötzlich bringt der Bund die Regie gehörig durcheinander. Ähnlich wie damals bei der Amtsübergabe von Josef Ratzenböck an Pühringer sitzt das Leck in der Bundespartei. Die schwarze Katze ist aus dem Sack – und Pühringer kann nur mehr leicht beleidigt klarstellen, dass es sich nur um einen "Rücktrittsfahrplan" handle. Und er nicht gedenke, "morgen" oder gar "übermorgen" zu gehen.

Dass Pühringer selbst bei seinem Rücktritt die Zügel nicht in der Hand hat und er – getrieben von der eigenen Partei – in die mediale Offensive gehen muss, scheint symptomatisch für den aktuellen Zustand der Landes-ÖVP zu sein. Man steckt in einer Phase der Orientierungslosigkeit fest: eine herbe Wahlniederlage bei der Landtagswahl im Herbst 2015 mit einem Stimmenverlust von zehn Prozentpunkten, ein Arbeitsübereinkommen mit einer schwer zu kontrollierenden FPÖ, ein Rechtsruck in der Partei, der die Landes-ÖVP in zwei Lager gespalten hat.

Und Josef Pühringer? Erstmals in seiner langen Karriere hat das politische Schwergewicht deutliche Schwächen gezeigt. Schon vor den ersten Koalitionsverhandlungen taten hohe VP-Funktionäre ihre blauen Wünsche kund. Undenkbar in den Jahren zuvor. Den Streit zwischen den Landesräten Thomas Stelzer und Michael Strugl vermochte Pühringer erst spät einzufangen. Und offen wie nie zuvor wurde in der Partei über einen Rücktritt des Langzeitlandeshauptmanns gesprochen.

Der "Landesvater" hat – bewusst oder unbewusst – mit seiner Machtlosigkeit einen Emanzipationsprozess eingeleitet. Mit voller Härte bekommt die Partei jetzt einen Vorgeschmack auf die Zeit ohne "Dr. Joe" an der Spitze. 22 Jahre war man in der Landes-ÖVP in der durchaus komfortablen Situation, sich zurückzulehnen und maximal Pühringer den roten Teppich ausrollen zu müssen. Der Bund hat Mucken gemacht? Pühringer hat als Partei-Schwergewicht die Sache in Wien geregelt. Den Kontakt zum Wähler? Hat Pühringer mit seinem unbändigen Arbeitseifer, einer gehörigen Portion Geltungsdrang und einem Gefühl für die Menschen gesichert. Wahlkämpfe? Pühringer war stets Programm und Stimmengarant. In der Landes-ÖVP hat man diese Situation lange genossen. Inwieweit man sich aber auf die "Post-Sepp-Ära" vorbereitet hat, wird sich jetzt zeigen.

Thomas Stelzer muss sich nun nicht mit dem Anziehen der "Schuhe" seines Vorgängers mühen. Vielmehr gilt es die Risse innerhalb der Partei zu flicken – ehe daraus unüberwindbare Gräben entstehen. Nur eine in sich stabile ÖVP wird längerfristig mit einer und mitunter gegen eine FPÖ als Regierungspartner bestehen können. Der schwarze Zickzackkurs der letzten Monate – FPÖ rechts überholen und dann doch wieder schnell zurück auf die Mittelspur biegen – zeugt nur von einer unsicheren Fahrweise. Einen großen Vorteil bringt Stelzer aber mit ins Amt: Zumindest die innere Zerrissenheit fällt weg. Denn Stelzer ist, anders als Pühringer, stets ein klarer Befürworter einer schwarz-blauen Zusammenarbeit gewesen.

Und der schwarze Übervater? Pühringer wird auch in der Pension die Öffentlichkeit nicht scheuen, die Tagespolitik aber dem Nachwuchs überlassen. Denn, um Pühringer zu zitieren: "Auch Ratschläge sind Schläge." (Markus Rohrhofer, 9.2.2017)