Wien – Die Einführung eines Mindestlohns in Österreich in Höhe von 1.500 Euro würde jährliche Mehrkosten von 900 Millionen Euro mit sich bringen. Dies hat das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria errechnet, wie der neue "trend" berichtet. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) kommt, nur auf die Vollzeitbeschäftigten bezogen, auf 200 bis 300 Mio. Euro pro Jahr, heißt es.

EcoAustria-Ökonom Tobias Thomas hat monatlich 1.500 Euro Mindestlohn auf die – fiktiven – Stundenlöhne heruntergerechnet und gelangt dem Bericht zufolge auf 8,67 Euro pro Stunde als Minimalentlohnung, die für alle Branchen und Tätigkeiten gelten würde. Demnach müssten 149.000 Vollzeit- und 207.000 Teilzeitbeschäftigte mehr Geld als jetzt bekommen – insgesamt 365.000 Arbeitnehmer oder rund 10 Prozent aller Unselbstständigen.

Höhere Preise in Deutschland

Die Wirtschaftskammer gehe bei ihren Kostenschätzungen nur von den Vollzeitbeschäftigten aus. In der WKÖ würden zwar angeblich detaillierte Berechnungen existieren, was die Wirtschaft zusätzlich auf den Tisch zu blättern hätte, aber darüber wolle man jetzt noch nicht reden. "200 bis 300 Millionen Euro pro Jahr werden es wohl sein", so Martin Gleitsmann, Chef der WKÖ-Abteilung für Sozialpolitik, laut "trend".

Profitieren von höheren Löhnen würde laut EcoAustria eine Reihe von Branchen. In der Gastronomie kämen demzufolge mehr als die Hälfte der gut 212.000 Beschäftigten auf diese Weise zu mehr Geld, bei den Gebäudereinigern wären es 24 Prozent, bei den weiblichen und männlichen Friseuren 19 Prozent, bei Taxifahrern und Lkw-Lenkern immerhin noch 14 Prozent.

Wirtschaftsforscher Thomas verweist auf das deutsche Beispiel, wo die Einführung des Mindestlohns in etlichen Branchen – etwa Transportgewerbe – Preiserhöhungen zur Folge hatte, weil die Unternehmen die gestiegenen Kosten weitergaben. So seien die deutschen Taxipreise im Schnitt um zwölf Prozent gestiegen, in einigen Regionen sogar um 20 Prozent.

Einigung bis Ende Juni vorgegeben

"Mehr Mindestlohn würde zu einer Senkung der Anreize für Investitionen und neue Arbeitsplätze führen", wird Thomas zitiert: "Wo Preiserhöhungen unmöglich sind, wird sich das negativ auf die Beschäftigung auswirken." Für ÖGB-Chef Erich Foglar kann dem Magazin zufolge davon keine Rede sein: "Mindestlöhne in Branchenkollektivverträgen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass dadurch die Anzahl der Jobs nicht sinkt."

Mit dem Ende Jänner aktualisierten Regierungsprogramm hat die SPÖ-ÖVP-Koalition den Sozialpartnern vorgegeben, sich bis Ende Juni zu Arbeitszeitflexibilisierung und Mindestlohn zu einigen – für Foglar zwei getrennte Themen, die nicht miteinander verknüpft werden sollten. Schaffen die für die KV-Verhandlungen zuständigen Sozialpartner bis 30. Juni keine Lösung, will die Regierung im dritten Quartal 2017 gesetzliche Regelungen vorlegen, wird angedroht. Von der Höhe her sieht der Gewerkschaftsbund abgesehen davon 1.500 Euro Mindestentlohnung nur als einen Zwischenschritt am Weg zu schon länger geforderten 1.700 Euro Mindestgage. (APA 10.2.2017)