Für den ehemaligen ÖSV-Biathleten Christoph Sumann beweist Martin Fourcade Rückgrat.

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Biathlon-Star Martin Fourcade polarisiert auf und abseits der Loipe.

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Hochfilzen – Er fuhr schon einmal rückwärts in Ziel, oder schnallte sich kurz vor dem Finish die Ski ab und stapfte die letzten Meter zu Fuß. Keine Frage, Martin Fourcade ist eine Reizfigur, die seine Gegner auch mal demütigt. Der 28-jährige Franzose ist aber vor allem der Superstar des Biathlonsports. Bei der WM in Hochfilzen ist der fünffache Weltcupgesamtsieger Favorit auf Gold in allen Einzelkonkurrenzen. "Ich fange aber nicht vorher an, Medaillen zu zählen. Einmal Gold ist das Ziel", sagt Fourcade in leisem Ton.

Lauter wurde es im Pressezentrum schon am ersten Wettkampftag. Seinem Twitter-Kommentar gegen das russische Team und den 2014 des Epo-Dopings überführten und für die Mixed-Staffel nominierten Alexander Loginow ("Wir dachten nicht, dass es möglich ist. Aber sie haben es getan.") folgte ein Eklat bei der Siegerehrung. Fourcade jubelte den drittplatzierten Russen zynisch zu und verließ vorzeitig das Podest, nachdem diese dem Franzosen den Handschlag verweigert hatten.

"Eine Watsche"

Der russische Vorwurf: Fourcade habe beim Staffelwechsel Loginow absichtlich zu Sturz gebracht. Was "völlig lächerlich ist", sagt Christoph Sumann, Ex-Biathlet und jetziger ORF-Experte im Gespräch mit dem STANDARD. "Wenn Fourcade das so offensichtlich machen wollte, hätte er Loginow auch am Start eine Watsche geben können." Es folgten Wickel bei einer skurrilen Pressekonferenz, "die ich so noch nie erlebt habe". "Kalter Krieg", titelte die französische Sportzeitung L'Equipe. Ein Höhepunkt eines sich weiter zuspitzenden Konflikts.

Martin Fourcade hat sich zum Wortführer im Kampf gegen Doping ernannt, das den Biathlonsport in Folge der Ermittlungen gegen Russland und nun auch gegen Kasachstan schwer belastet. Und er ist besessen vom Siegen. Der zweifache Olympiasieger und 21-fache WM-Medaillengewinner (zehn davon in Gold) hat keine Schwächen, schießt genauso gut wie er läuft. Zu Beginn seiner Karriere lag seine Trefferquote am Schießstand schon bei 85 Prozent, mittlerweile kratzt er an der 90er-Marke.

Die Konkurrenz gibt sich genervt. "Es gibt auch noch andere starke Biathleten", sagt der Deutsche Simon Schempp, der auf dem Weg zu Gold in der Mixed Staffel Fourcade auf Distanz halten konnte. Die bisherige Saisonbilanz Fourcades: zehn Siege und drei weitere Podestplätze in 15 Weltcuprennen. So gut war der Mann aus den Pyräenen noch nie. Beim Sprint am Samstag (14.45 Uhr) kann sich Fourcade erstmals in Hochfilzen vergolden.

"Er ist eine Lichtgestalt und hat das Recht, den Mund aufzumachen. Russland hätte ein Zeichen setzen und Loginow nicht aufstellen können." Das wurde aber, gegen den Willen der Trainer, vom Verband entschieden. "Was willst du machen? Da sind politische Mächte im Spiel", sagt Sumann.

Tragikomische Kasachen

Auch im Sprint der Damen (7,5 km) blieb Österreich fern ab von einer Medaille. Als beste ÖSV-Athletin wurde Lisa Hauser mit einem Schießfehler 23. (+1:16,9 Minuten). Gold ging an die fehlerfrei gebliebene Tschechin Gabriela Koukalova vor der Deutschen Laura Dahlmeier und der Französin Anais Chevalier.

"Ich habe nicht ganz meinen besten Tag erwischt. Ohne Strafrunde ist der Rückstand nicht so groß. Ich bin nicht unzufrieden", sagte Hauser. Einen Aufreger gab es vor Beginn des Rennens. Die Russin Jekaterina Glasyrina wurde vom Internationalen Biathlonverband (IBU) wegen Dopingverdachts suspendiert. Die 29-Jährige wird durch den McLaren-Report belastet, der allerdings seit Dezember bekannt ist.

Ein Ergebnis der Dopinguntersuchungen gegen die kasachische Mannschaft steht noch aus. Dass bei den Mistkübelfunden im Jänner an einer Tankstelle in Osttirol auch Akkreditierungen kasachischer Athleten dabei waren, entbehrt nicht einer gewissen Tragikomik. Sumann: "Das ist dermaßen patschert, dass man glauben möchte, hier wurde etwas arrangiert. Oder es wurde patschert arrangiert." (Florian Vetter aus Hochfilzen, 10.2.2017)