Ein Täufling im georgischen Tiflis.

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Teile einer Brezel, umhüllt von Käse-Bier-Dip.

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Eine Tauffeier steht bevor. Die des eigenen Kindes, des Neffen oder der Enkelin. Anna, Lina, Lea, Elias, Julian führ'n jetzt die Liste an. Vornamen unterliegen seit jeher ganz stark der Mode und verraten einiges über die Trägerinnen beziehungsweise Träger, das ungefähre Geburtsjahr, aber auch die soziale Herkunft. Für das Phänomen, dass in bildungsfernen Schichten gerne angloamerikanische oder französische Namen, wie zum Beispiel Jennifer, Jacqueline; Marcel, René, vergeben werden, haben deutsche Soziologen Termini wie Kevinismus beziehungsweise Chantalismus geprägt. Es ist jedoch auch ein Trend zu beobachten, zu eher traditionellen Namen, die vor hundert Jahren gang und gäbe waren, etwa Agnes, Sophie, Felix und Jakob, zurückzukehren.

Bei vielen indogermanischen Völkern (den Kelten, Griechen, Slawen und Germanen) waren Rufnamen üblicherweise zweigliedrig. In voralthochdeutscher, also heidnischer Zeit, wurde Namen eine magische Kraft zugeschrieben. Es konnten zwei bedeutungsschwere Wörter, ausnahmslos Adjektiv oder Nomen, beliebig miteinander kombiniert werden. Vorherrschend waren es Wörter, die sich um Kampf und Sieg rankten und herausragende menschliche Eigenschaften bezeichneten: Adalbert (edel + glänzend), Siegmund (Sieg + Schutz der Unmündigen), Hildegund (Kampf + Kampf), Diethild (Volk + Kampf). Nach der Christianisierung wurden Heiligennamen und Namen aus dem Alten Testament beliebt.

Heute tragen die meisten von uns zwei Taufnamen, die beide im Taufschein eingetragen sind. Der erste ist gewöhnlich unser Rufname, und den zweiten verdanken wir unserer Taufpatin, unserem Taufpaten. Unser zweiter Name spielt im öffentlichen Leben kaum eine Rolle, und wenn wir eine Unterschrift leisten, genügt unser Familienname.

Lange überlegen sich werdende Eltern, wie sie ihr Kind taufen wollen. Schließlich ist unser Name Teil unserer Identität. Ob die Eltern zärtlich Lisi hauchten oder mit strengem Unterton Elisabeth! sagten, hat sich fest in der Erinnerung eingeprägt. Namen sind nicht nur Schall und Rauch. Namen haben aufgrund ihrer hellen oder dunklen Vokale einen besonderen Klang, sind kurz (Hans) oder lang (Angelika). So wie wir uns vorstellen, dieser Name bleibt an uns haften.

In der Generation meiner Eltern konnte es schon vorkommen, dass die Mitzi, nachdem sie vom Land in die Stadt gezogen war, sich ihres Namens und Heimatdialektes in einem Aufwaschen entledigte und sich fortan Maria nannte. Manch eine Gretl löste kurzentschlossen ihre Zöpfe und verwandelte sich zur dauergewellten Marga.

Das Verb taufen ist ganz eng mit der Geschichte der Christianisierung, der Rezeption und Übersetzung des in Latein beziehungsweise Griechisch abgefassten Schrifttums verbunden. Die meisten Eindeutschungen fanden zwischen 400 und 800 nach Christus statt. Die Bibelübersetzung des Bischofs Wulfila – er hatte eine altgriechische Vorlage – ist das umfangreichste Sprachdokument eines germanischen Dialektes der Frühzeit, nämlich des 4. Jahrhunderts. Und die christianisierten Goten gaben griechisch βαπτίζειν (baptízein)1 mit daupjan wieder, was eine wörtliche Übersetzung ist und "(tief) ins Wasser eintauchen" bedeutet.

Taufen ist ein sogenanntes Faktitivum, das heißt ein Verb, das von einem Adjektiv abgeleitet wird und auf die Vollendung eines Zustandes abzielt, wie zum Beispiel füllen von voll, härten von hart, so leitet sich taufen von tief ab (gotisch diups, althochdeutsch tiuf, mittelhochdeutsch tief "weitläufig, tiefliegend, tief", altenglisch dēop "tief, hoch, schrecklich, geheimnisvoll, ernst, feierlich", neuenglisch deep).

Das gotische Verb daupjan finden wir auch in anderen germanischen Dialekten: altenglisch dīepan "taufen, eintauchen", althochdeutsch touffen "taufen", mittelhochdeutsch toufen / töufen "untertauchen, taufen"; sich toufen " Christ werden".

Mittelhochdeutsch touf (der) bezeichnet sowohl die Tiefe des Meeres als auch die Taufe nebst dem (geweihten) Taufwasser im Taufbecken, mit dem der Täufling besprengt wird.

Wenn die ursprüngliche Bedeutung eines Wortes mit neuem Inhalt aufgeladen wird und sich über den ursprünglichen stülpt, sprechen wir von Lehnbedeutung.

Während nun im Deutschen der christliche Brauch der Taufe (mittelhochdeutsch toufe) die Bedeutung des Adjektivs tief vollends verdrängt hat, hat sich in mittelhochdeutsch tiufen "in die Tiefe versenken" der ursprüngliche Bedeutungsbezug zur Tiefe noch erhalten. Denn tiufen wird ganz lautgesetzlich zu teufen, und wenn wir mit einer Grubenlampe in den Bergschacht hineinleuchten, sehen wir den Kumpel noch immer zusammengekauert in der Tiefe des Schachtes hocken. Denn im Wortschatz der Bergmannssprache ist das Teufen und Abteufen fest verankert. Man versteht darunter die Herstellung von senkrechten Hohlräumen, Bunkern und Schächten, die von oben nach unten laufen, ein für Tiefbauingenieure nicht ungefährliches Unterfangen.

Nicht weniger riskant ist es, wenn wir aufs philosophische Glatteis geführt werden und uns in den Untiefen von Begrifflichkeiten verlieren. Das Wort Untiefe ist übrigens ein sogenanntes Januswort, das heißt, die Vorsilbe Un- ist doppeldeutig. Sie kann das Gegenteil ausdrücken, und demnach wäre eine Untiefe ein sehr seichtes Gewässer, und unser Schiff liefe auf Grund. Un- kann aber auch als Augmentativsuffix2 aufgefasst werden, und dann wäre eine Untiefe unergründlich tief. Wir tauchen schnell wieder an die Oberfläche und holen tief Luft. Wir vertiefen uns in ein anderes Wissensgebiet, studieren Klimaprozesse, rätseln über Hoch- und Tiefdruck beim Wetter. Vor allem aber überwinden wir unser Stimmungstief. Und irgendwann wird ein neues Projekt aus der Taufe gehoben.

Sie suchen Rezepte für pikante Dips? Man nehme die schwundstufige Ableitung altenglisch dyppan "eintauchen", ein bisschen Rahm und andere Würzzutaten, dann können Sie einen Cracker in die Tiefe des Dips versenken (neuenglisch to dip "absenken; eintunken").

Am Rande sei bemerkt, dass das deutsche Äquivalent von dip tupfen ist. Laut Grimm’schem Wörterbuch "berühren und benetzen wir also beim Tupfen mit einer leicht stoßenden Bewegung" einen flüssigen Untergrund. Bei der Wundversorgung handhabt man einen Tupfer etwas sensibler. Das hoffen wir aus tiefster Seele.

Facciamo un tuffo nell’acqua fredda, sagte die Italienisch-Lektorin in der ersten Semesterstunde. Springen wir also ins kalte Wasser! Italienisch tuffare "untertauchen" ist ein deutsches Lehnwort, das jedoch althochdeutschen Lautstand aufweist, das heißt, es tauchte erst nach der vollzogenen Zweiten Lautverschiebung (-p- wird zu -f/ff-) an der Adriaküste auf. If you want to, you can go into further depth on this3.

Un tuffo ist ein Kopfsprung ins Wasser. Ins tiefe Wasser. River Deep, Mountain High. (Sonja Winkler, 13.2.2017)