Klosterneuburg/Wien – Heimische Forscher haben erstmals im Detail beobachtet, wie ein spezielles Quantensystem seinen Aggregatzustand ändert. In einem Experiment gelang es den Physikern vom Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg, den spontanen Zerfall einer sogenannten Photonenblockade zu dokumentieren, berichten sie im Fachblatt "Physical Reviews X".

"Dieser Zustand wurde noch nicht sehr oft realisiert", sagte IST-Forscher Johannes Fink. Denn das Phänomen kommt nur in einem sehr speziellen Aufbau zum Vorschein: Man braucht dazu einige wenige Atome, die mit dem Vakuumfeld innerhalb eines Hohlraumes eine starke Wechselwirkung eingehen. Schickt man in einen normalen Hohlraum Licht mit einer bestimmten Frequenz, kommt es dort auch wieder heraus. Ein an den Raum gekoppeltes Atom ändert die "Resonanzbedingungen" allerdings, wie Fink erklärte: "Bei der ursprünglichen Frequenz kann dann kein Licht mehr durch."

Unter diesen speziellen Bedingungen füllt dann ein einzelnes eindringendes Lichtteilchen (Photon) sozusagen den gesamten Hohlraum aus, und verhindert damit, dass ein anderes Photon mit dieser Frequenz nachrücken kann – die Photonenblockade ist errichtet, das System ist undurchsichtig.

Sprunghafter Phasenübergang

Dieser quantenmechanische Zustand muss allerdings irgendwann zusammenbrechen und ein Quantenphasenübergang stattfinden. Ein solcher fundamentaler sprunghafter Übergang ist in etwa mit dem Wechsel von Eis zu flüssigem Wasser vergleichbar. Das passiert, wenn der Photonenstrom, der auf das System einwirkt, einen kritischen Wert übersteigt. "Wir haben jetzt gesehen, dass der undurchsichtige Zustand quasi zu existieren aufhört", sagte Fink. Dann passen plötzlich wieder beliebig viele Photonen in den Hohlraum und das Licht kann ungehindert die Struktur passieren. Wie beim Übergang von Wasser zu Eis handelt es sich hier um einen "scharfen Übergang zwischen zwei verschiedenen Phasen", so der Physiker.

In ihrem Experiment konnten die Wissenschafter darüber hinaus erstmals einen bestimmten Bereich beobachten, in dem das System zwischen beiden Zuständen sprunghaft hin und her wechselte. Das sei ein Hinweis darauf, dass in dem sich nach den seltsamen Regeln der Quantenphysik verhaltenden Aufbau beide Zustände – "undurchsichtig" und "durchsichtig" – mit gleicher Wahrscheinlichkeit auftreten können. Das entspreche ziemlich genau den theoretischen Vorhersagen, die vor zwei Jahren aufgestellt wurden, so Fink, der am IST seit vergangenem Jahr eine Arbeitsgruppe für integrierte Quantensysteme aufbaut.

Anwendung in der Mikroelektronik

Die Tatsache, dass das Experiment selbst mit einem "künstlichen Atom" auf einem supraleitenden Mikrochip realisiert wurde, weist schon in die Richtung möglicher Anwendungsgebiete für solche Effekte – nämlich im Bereich neuartiger elektrischer Schaltkreise. Es sei etwa denkbar, zukünftig Schalter und Transistoren zu bauen, die schon mit extrem niedriger Eingangsleistung umgelegt werden können, erklärte Fink. Das Hauptaugenmerk der Grundlagenforschung seines Teams liege allerdings darin, zu verstehen, ab welcher Größe ein solches System nicht mehr den Regeln der Quantenphysik, sondern jenen der klassischen Physik folgt. (APA, red, 14.2.2017)