Des einen Freud, des anderen Leid: Die Forderung aus dem Weißen Haus, die Krim wieder herauszurücken, hat in Moskau und Kiew naturgemäß gegensätzliche Reaktionen hervorgerufen. Verursacher der Aufregung war Donald Trumps Sprecher Sean Spicer. Der hatte bei einem Pressebriefing in Washington am Dienstag zwar erneut betont, dass sein Chef an guten Beziehungen zu Moskau interessiert sei, dazu aber auch erklärt: "Präsident Trump erwartet von Russland, in der Ukraine deeskalierend gegen die Gewalt einzuwirken und die Krim an die Ukraine zurückzugeben."

Solche Forderungen waren aus dem Trump-Team bisher nicht bekannt. Im Gegenteil: Noch im August hatte der Republikaner während seines Wahlkampfs angekündigt, im Fall seines Sieges die Anerkennung der Krim als russisch in Erwägung zu ziehen und die Aufhebung der Sanktionen anzustreben. Einer der Gründe, warum der Kreml seine Wahl so goutierte.

Verärgerter Kreml

Vor einigen Tagen hatte zwar schon die neue UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, diesbezügliche Spekulationen zurückgewiesen und erklärt, die Sanktionen blieben bestehen, "bis Russland die Kontrolle über die Halbinsel zurückgegeben hat". Doch aus dem Weißen Haus selbst kamen diese Forderungen eben nicht.

Entsprechend verärgert reagierte der Kreml auf die Kehrtwende. Die Rückgabe der Krim stehe nicht zur Debatte, beschied Wladimir Putins Sprecher Dmitri Peskow. Russland werde das mit niemandem diskutieren. "Wir geben unsere Territorien nicht zurück, die Krim ist Teil der Russischen Föderation. Basta", erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Die russisch-amerikanischen Beziehungen seien "in einer Sackgasse", konstatierte sie dabei und forderte Washington auf umzukehren.

Wahlkampfversprechen

Zu Wort meldete sich auch Duma-Chef Wjatscheslaw Wolodin. Der 53-Jährige wollte von den Forderungen ebenfalls nichts hören und verwies darauf, dass sie bisher nur von Trumps Sprecher, nicht aber von diesem persönlich artikuliert wurden. Er erinnerte Trump dabei an dessen Wahlkampfversprechen: "Das Wahlkampfprogramm muss erfüllt werden, in dem Programm ist alles gesagt …Verbesserung der Beziehungen zu Russland und China sowie der Kampf gegen den Terror. Wird das Wahlkampfprogramm erfüllt, ist alles normal."

Von Normalität kann nach der Abdankung von Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn keine Rede sein. Schon dessen Abgang hatte Russland schmerzhaft aufgenommen: Führende Politiker in Moskau sprachen von einem Schlag für die russisch-amerikanischen Beziehungen, nachdem Flynn ausgerechnet wegen seines unzureichend offengelegten Gesprächs mit dem russischen Botschafter unter Druck geraten war.

Kontakte zu Moskau

Flynn ist dabei nur eine der Personen aus Trumps Umkreis, die Kontakte nach Moskau unterhielten. Dem einstigen Chef des Wahlkampfteams, Paul Manafort, werden Telefonate mit dem russischen Geheimdienst zur Last gelegt. Der mehrtägige Moskau-Aufenthalt von Trumps außenpolitischem Berater Carter Page im Dezember, also noch vor der Amtseinführung Trumps, hatte ebenfalls Spekulationen über geheime Absprachen genährt. Weder Manafort noch Page haben in der aktuellen Regierungsmannschaft Platz gefunden. In Moskau wächst der Verdacht, dass die von Trump im Wahlkampf verkündete Annäherung ausbleiben könnte.

In Kiew riefen die Krim-Äußerungen natürlich Zustimmung hervor: Der Pressesprecher von Petro Poroschenko, Swjatoslaw Zegolko, lobte "die gute Erklärung" seines Kollegen aus dem Weißen Haus. "Russland muss die Krim der Ukraine zurückgeben", schrieb er auf seiner Facebook-Seite.

Der ukrainische Ex-Premier Arseni Jazenjuk sprach von einem "wichtigen Schritt" der neuen US-Regierung zur Unterstützung der Ukraine und der Verteidigung ihrer territorialen Unversehrtheit. "Das ist ein prinzipielles Signal an die internationale Gemeinschaft zum Sammeln ihrer Kräfte zum Schutz des Völkerrechts und einer zivilisierten Weltordnung", sagte der Fraktionschef der Nationalen Front. (André Ballin aus Moskau, 15.2.2017)