Wählen am Donnerstag? Das soll in Zukunft möglich sein. Derzeit kennen nur die Steirer und Burgenländer einen vorgezogenen Wahltag.

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Künftig sollen Bürger an zwei Tagen an einer Wahl teilnehmen können. Auf einen vorgezogenen Wahltag haben sich die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP geeinigt, die nun mit den Oppositionsparteien über ihre Vorschläge zur Reform des Wahlrechts verhandeln werden, um einen Zwei-Drittel-Mehrheitsbeschluss im Nationalrat zustande zu bringen.

Konkret soll an einem Donnerstag zehn Tage vor dem Wahlsonntag eine zusätzliche Möglichkeit bestehen, an einer Wahl teilzunehmen, und zwar für mindestens zwei Stunden, von 17 bis 19 Uhr. In jeder Gemeinde soll dafür ein Wahllokal zur Verfügung stehen, wobei größere Gemeinden auch in jedem Bezirk ein Lokal öffnen und die Öffnungszeit ausdehnen können, erklärten die Klubobleute von SPÖ und ÖVP, Andreas Schieder und Reinhold Lopatka, am Mittwoch.

Das Modell eines vorgezogenen Wahltags gibt es bereits in der Steiermark und dem Burgenland. Bei der Gemeinderatswahl in Graz nutzten mehr Wähler diese Option als die Möglichkeit, mittels Briefwahl teilzunehmen.

Wahlkartenauszählung künftig früher

Die Wahlkarten sollen künftig schon am Wahlsonntag ausgezählt werden können, so die Koalitionsparteien. Derzeit sieht das Gesetz eine Auszählung erst am Montag vor, Verstöße gegen (unter anderem) diese Norm hatten zur Aufhebung der Bundespräsidentenwahl 2016 geführt. Allerdings hatten Vertreter der Wahlbehörden argumentiert, dass es schwierig sei, am Montag genügend Beisitzer zu finden – und dieses Problem würde sich zumindest in größeren Gemeinden beim vorgezogenen Wahltag erneut stellen.

Ob die Wahlkarten auch früher einlangen sollen als bisher, darauf legten sich SPÖ und ÖVP nicht fest – hier werde in Abstimmung mit dem Innenministerium "ein machbarer Weg gefunden", heißt es in der Punktuation. Damit wurde offenbar noch nicht begonnen – der Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium sagt auf STANDARD-Anfrage, er kenne die Reformvorschläge selbst nur "aus den Medien".

Auch in Sachen Bundespräsidentenamt soll sich einiges ändern. SPÖ und ÖVP wollen die Kompetenzen des Bundespräsidenten "entstauben", wie Schieder erklärt. So sollen einige Aufgaben, die das Staatsoberhaupt derzeit auf Vorschlag der Bundesregierung wahrnimmt, künftig auch von der Regierung alleine übernommen werden können. Als Beispiele nennt Schieder die Begnadigung von Straftätern und die Ernennung von Bundesbeamten.

Zudem soll der Nationalrat künftig nicht mehr den Bundespräsidenten brauchen, um in der sitzungsfreien Zeit tagen zu können, eine Sondersitzung im Sommer soll auch von der Nationalratspräsidentin einberufen werden können. Auch die Auflösung des Nationalrats soll nicht mehr in der Kompetenz des Bundespräsidenten liegen.

Fast alles beim Alten

Grundsätzlich soll in puncto Bundespräsidenten-Kompetenz alles beim Alten bleiben, meint Lopatka. Man plane jedoch, die Befugnisse an die gelebte Praxis anzupassen – etwa dass der Bundespräsident bei der Beurkundung von Bundesgesetzen nur überprüft, ob diese verfassungsgemäß zustande gekommen sind. Die Frage, ob auch der Inhalt der Bestimmung verfassungskonform sei, solle weiterhin dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten bleiben, so Schieder.

Man bekenne sich auch weiterhin dazu, dass das Staatsoberhaupt Oberbefehlshaber des Bundesheers sei, sagt Lopatka, strebe aber auch hier eine authentische Interpretation der betreffenden Verfassungsbestimmung an – also im Sinne eines sehr zurückhaltenden Umgangs mit dieser Befugnis.

Mehrheitswahlrecht innerhalb der SPÖ umstritten

An eine umfassende Reform des Wahlrechts wagen sich die Regierungsparteien nicht heran. Mehrheitswahlrecht und Frauenquoten will man ebenso wie ein E-Voting für Auslandsösterreicher an eine parlamentarische Enquete auslagern, da sich dafür derzeit keine Mehrheit fänden, und zwar nicht einmal in Schieders eigener Partei, der SPÖ: Dort, so der Klubobmann, gebe es nämlich einerseits viele, die dem Konzept an sich negativ gegenüberstünden, andererseits gebe es in der Pro-Fraktion in puncto Mehrheitswahlrecht "mehr Modelle als Abgeordnete".

Mehr direkte Demokratie

Dafür sollen einige Vorschläge der Enquetekommission zur Stärkung der Demokratie umgesetzt werden, wenn es nach SPÖ und ÖVP geht. Hier geht es vor allem um eine Ausweitung der direkten Demokratie: So sollen Volksbegehren und Petitionen im parlamentarischen Prozess mehr Gewicht bekommen, etwa durch ein Rederecht der Initiatoren und durch eigene Sitzungen zum Thema. Zudem könnten Bürger bei Gesetzesvorhaben ins Begutachtungsverfahren einbezogen werden, bei manchen Gesetzen könnten die Änderungen, die sich aufgrund von Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren ergeben haben, in den Erläuterungen angemerkt werden.

Außerdem geplant sind Änderungen im Sinne des barrierefreien Wählens – so sollen Wahllokale leichter zugänglich und Stimmzettel besser lesbar sein – und ein höherer Datenschutzstandard bei Wahlkartenkuverts. (Maria Sterkl, 15.2.2017)