Wien – In der Causa Österreichischer Integrationsfonds (ÖIF), in der es um fragwürdige Immobilienverkäufe an Nahestehende des Fonds geht, hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am 13. Dezember 16 Hausdurchsuchungen veranlasst. Das bestätigt der Behördensprecher. Daten im Volumen von zehn Terabyte wurden beschlagnahmt, zudem 22 Konten geöffnet.

Zwei Immobiliensachverständige erarbeiten nun Auftrags der WKStA Gutachten über die Kaufpreisbewertung der Immobilien, um die sich in der durch Recherchen der grünen Bautensprecherin Gabriela Moser 2013 aufgeflogene Sache alles dreht. Der Rechnungshof hat die Deals 2015 nach einer Prüfung in der Luft zerrissen, der Fonds habe das "Erlöspotenzial nicht ausgeschöpft". Die Grünen brachten Anzeige gegen unbekannt ein, Moser ortete bei den Deals ein "Insider-Netzwerk mit ÖVP-Nähe".

Der Integrationsfonds hat alle Immobilien, in denen er Flüchtlinge untergebracht hat, verkauft. Manche sehr günstig, um 7.000 Euro etwa.
Foto: Matthias Cremer

13 Beschuldigte

Inzwischen richtet sich der Untreueverdacht (bzw. Beihilfe) der WKStA gegen 13 Beschuldigte; etwa gegen den Ex-ÖIF-Chef, Immobilienkäufer und Bewerter sowie gegen fünf Verbände (gemäß Verbandsverantwortlichkeitsgesetz). Insgesamt sei "der gesamte Immobilienbestand des ÖIF – 270 Eigentumswohnungen – zwischen August 2006 und August 2011 um rund sechs Millionen Euro unter dem Verkehrswert veräußert" worden, heißt es in der Anordnung zur Hausdurchsuchung, die dem STANDARD vorliegt.

Zudem hätten, zum Beispiel, zwei Geschäftspartner des ÖIF-Chefs 23.400 bzw. 65.400 Euro für "Interessentensuche" bekommen, "ohne Leistungserbringung". Denn: Laut Verdacht der WKStA, die sich auf Rechnungshofbericht und Rechercheergebnisse des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung bezieht, habe es gar "keine professionelle Vermarktung" der zum Verkauf stehenden Realitäten gegeben. "Unterlagen über Inserate im Internet oder in Printmedien konnten nicht gefunden werden", schreibt die WKStA zu einem der Deals. Bei einem anderen fand sich nur "der Entwurf eines Zweizeilers, mit dem mögliche Interessenten zur Anbotslegung eingeladen wurden".

Die Erweber der Liegenschaften waren langjährige ÖIF-Geschäftspartner oder ihnen Nahestehende; eine der Wohnungen kaufte etwa der ÖIF-Steuerberater.

Verdacht auf Scheinangebote

Ein Paket aus 167 Wohnungen in Wien-Simmering (Kaufpreis 395.000 Euro; bei einem Schätzwert von 1,8 bzw. 2,1 Mio. Euro) und Wien-Brigittenau (790.000 Euro Kauferlös; bei einem Schätzwert von 3,8 bzw 4,3 Mio. Euro) landete bei einem der ÖIF-Hausverwalter. Laut WKStA gab es zwar drei weitere Interessenten, sie alle boten "rund 20 Prozent der Schätzsumme". Aber: Keiner dieser Anbieter konnte eine Finanzierungszusage vorweisen. Kurz und gut, es bestehe der "Verdacht, dass es sich dabei um Scheinangebote handelte". Diese wären dazu genützt worden, um dem Kuratorium des ÖIF (das die Verkäufe laut ÖIF genehmigt hat) "einen korrekten Verkaufsvorgang vorzuspiegeln". Der Erwerber, der im Schnitt mit 7000 Euro je Wohnung zum Zug kam, verwies 2013 im STANDARD darauf, dass die Unterkünfte "sanierungsbedürftig" waren und die Mieter, Tschetschenen, seien "nicht lustig zu betreuen. Im Stiegenhaus wird uriniert". Den Vorwurf von Freunderlwirtschaft wies er zurück.

Zu Maria Fekters Amtszeit fanden die Immobiliengeschäfte statt.
Foto: APA/Herbert Neubauer

Transaktion unter Fekters Amtszeit

Kurz zur Orientierung: Der ÖIF ist eine eigene Rechtspersönlichkeit, er ressortiert zum Innenministerium, das zur Zeit der Deals von Maria Fekter (ÖVP) geführt wurde. Der beschuldigte Exfondschef war von 1996 bis 2000 politischer Referent in der ÖVP und danach Stabstellenleiter im ÖVP-Generalsekretariat, 2002 wurde er ÖIF-Chef. Gegründet wurde der Fonds 1960 von Innenministerium und Uno-Flüchtlingskommissariat, ab 2005 zog er sich aus seinem Kerngebiet der Wohnraumbeschaffung für Flüchtlinge zurück; heute kümmert er sich um Integration von Flüchtlingen.

Im Wesentlichen geht es bei der Causa um drei Gruppen von Verkäufen. 33 Wohnungen etwa wurden einzeln um insgesamt 2,1 Millionen Euro versilbert, sieben davon an ÖIF-Nahestehende. Nur für 15 davon seien Schätzgutachten eingeholt worden, "zum Teil ohne Begehung der Wohnungen". 15 davon wurden binnen eines Jahres wieder weiterverkauft: ums 1,6-Fache teurer.

Der Exfondschef war auf Anfrage zu keiner Stellungnahme bereit, auch der ÖIF gibt zum laufenden Verfahren keinen Kommentar ab. Es gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 15.2.2017)