Die Schauspielerin Younghee (Kim Min-hee) auf Liebesflucht.

Foto: Jeonwonsa Film Co.

Ein Regisseur von Autorenfilmen verliebt sich in seine prominente Hauptdarstellerin und verlässt daraufhin seine Ehefrau? Keine ungewöhnliche Geschichte aus der Welt des Showbusiness, meint man. In Korea hat solcher Edelklatsch jedoch einigen Staub aufgewirbelt. Denn die Affäre zwischen Kim Min-hee und Hong Sang-soo verstieß gegen den Moralkodex in Korea. Ehebruch wurde erst 2015 straffrei gestellt.

Auf der Berlinale hatte das Pärchen nun seit längerem wieder einen gemeinsamen Auftritt. Der Grund ist Hongs Wettbewerbsfilm On the Beach at Night Alone. Kim verkörpert darin die Schauspielerin Younghee, die sich nach der Aufregung um ihre Affäre mit einem Filmemacher nach Hamburg absetzt und dort darauf wartet, ob er ihr nachfolgt.

Zweite Haut der Realität

Wer Hongs Arbeiten kennt, etwa Right Now, Wrong Then, der weiß um ihre selbstreflexiven Seiten. Im so schwebend leichten wie profund melancholischen neuen Film erscheint die Fiktion wie eine zweite Haut der Realität. Den ersten Teil durchweht die Einsamkeit. Younghee und ihre Freundin spazieren durch den Park, plötzlich sinkt sie auf einer Brücke in die Knie. Leise, aber wirkungsvoll ist diese Geste. Eines der leicht entrückten Zeichen, die im Film auch an anderen Stellen kommen.

Teil zwei spielt an einem koreanischen Seeort, Younghee wirkt hier schon gefestigter. Sie sehe reifer, erwachsener aus, sagt etwa einer ihrer Bekannten zu ihr. Skizzenhaft, aber präzis macht Hong die emotionalen Defekte seiner Figuren fest, oft in Tischsituationen, in denen sich die Figuren als besonders aufrichtig erweisen.

Die größte Aufmerksamkeit gilt freilich Kim, deren Charme der Film klugerweise ostentativ zum Thema macht. Er habe sich für sie nur entschieden, weil sie so gut aussehe, sagt dann der Regisseur, der lange abwesend bleibt. Er sagt dies aber nur im Traum. Von der Liebe, demonstriert Hong mit diesem hintersinnigen Film, kann man nicht reden, aber man kann sie aus den dümmsten Gründen verlieren.

"Joaquim": Vom Goldschürfer zum Revolutionär

Zwischen dem koreanischen Very-Low-Budget-Film und Marcelo Gomes' Joaquim liegen nicht nur thematisch Welten, sondern auch die Förderschwellen des Festivals- und Produktionsbetriebs. Das kann man schon an der endlosen Liste an Koproduktionspartnern sehen, mit der dieses Drama um einen portugiesischen Soldaten im Brasilien des 18. Jahrhunderts ansetzt.

Oft mit geschulterter Kamera – und einigen betont grimmigen Szenen wie Zähnereißen – sucht dieser Film die Komplizenschaft mit seinem Titelhelden. Der erliegt den Reizen einer schwarzen Sklavin und wandelt sich schließlich vom Goldschürfer zum Revolutionär. Joaquim zeigt zwar viel von der Rohheit dieser Kolonialepoche, aber er verkürzt sie arg auf den Horizont eines einzelnen Mannes. Das bleibt für Spielfilmlänge doch zu eindimensional. (Dominik Kamalzadeh aus Berlin, 16.2.2017)