"Die Leaks sind echt, die Nachrichten sind fake", polterte Donald Trump am Donnerstagabend im Weißen Haus.

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Washington – US-Präsident Donald Trump zieht nach knapp vier Wochen im Weißen Haus eine überaus positive Bilanz seiner bisherigen Amtszeit – ganz im Gegensatz zu der heftigen Kritik aus allen politischen Lagern. Er habe alle Wahlversprechen gehalten und umgesetzt, sagte der Republikaner am Donnerstag.

Vermutlich sei noch nie ein US-Präsident in so kurzer Zeit so erfolgreich gewesen wie er, verkündete Trump. Er erfahre überall große Zustimmung, und es gebe eine Welle des Optimismus in der Arbeitswelt. In einer in dieser Form völlig überraschenden Pressekonferenz antwortete Trump, dessen Zustimmungswerte unter den US-Bürgern auch nach vier Wochen historisch schlecht sind, auf eine Reihe von Fragen. Dabei lieferte er sich wiederholt Wortgefechte mit einzelnen Journalisten.

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Der gegenwärtige Zustand seiner Regierung sei das genaue Gegenteil von Chaos. "Diese Regierung arbeitet wie eine gut geölte Maschine", sagte Trump. Es sei Schuld der Demokraten, dass sein Kabinett nicht bestätigt werde, das halte vieles auf.

"Ich habe ein Chaos geerbt"

"Ich habe ein Chaos geerbt, zu Hause und im Ausland", sagte Trump unter Anspielung auf die Vorgängerregierung Barack Obamas. Er sei angetreten, um das kaputte System zu reparieren. "Ich habe dieses Land nicht gespalten." Er habe die Nation bereits geteilt übernommen.

"Arbeitsplätze verlassen massenhaft unser Land, der Nahe Osten ist eine Katastrophe", sagte Trump. Auch die Lage in Nordkorea ("Wir werden uns darum kümmern") führte er als Beispiel dafür an, welch schwierige Situation auf ihn zugekommen sei.

Medien "außer Kontrolle"

Trump wiederholte und verschärfte seine Kritik an den Medien und baute sie zu einem Generalangriff aus. Er wende sich nun direkt an das amerikanische Volk, weil die Medien nicht die Wahrheit berichten wollten und würden, sagte Trump. Sie würden die Erfolge seiner Regierung verschweigen und seien "völlig außer Kontrolle".

Für Verblüffung sorgte Trumps Frage an die afroamerikanische Journalistin April Ryan, ob sie ihm nicht behilflich sein könne, ein Treffen mit Mitgliedern der parlamentarischen Interessengruppe "Congressional Black Caucus" zu arrangieren: "Sind das Freunde von Ihnen?"

Nach der gerichtlichen Aufhebung seines Einreisestopps für Personen aus sieben überwiegend islamischen Ländern kündigte Trump an, Anfang oder Mitte nächster Woche eine neue Order zu erlassen. Er müsse das amerikanische Volk schützen.

Trump hatte Ende Jänner unter Hinweis auf die Gefahr terroristischer Anschläge einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus sieben mehrheitlich islamisch geprägten Ländern sowie 120 Tage für Flüchtlinge verfügt. Die Durchsetzung des Einreiseverbots scheiterte jedoch vor Gericht: Ein Berufungsgericht lehnte in der vergangenen Woche den Antrag der US-Regierung ab, das Dekret wieder in Kraft zu setzen. Der neue Erlass werde nun auf das jüngste Gerichtsurteil zugeschnitten sein, kündigte Trump an.

Seinen umstrittenen Sicherheitsberater Michael Flynn habe er eigenhändig um dessen Rücktritt gebeten, erklärte Trump. Was Flynn getan habe, sei aber nicht verkehrt gewesen. Der entscheidende Punkt sei, dass Flynn den Vizepräsidenten Mike Pence nicht wahrheitsgemäß darüber unterrichtet habe, was genau er mit dem russischen Botschafter zum Thema Sanktionen besprochen habe. Das sei inakzeptabel gewesen. Er halte aber weiter große Stücke auf Flynn. "Er hat seinen Job gemacht, er hat andere Länder angerufen."

Vorwürfe, Mitglieder seines Teams hätten während des Wahlkampfs andauernden Kontakt zu Russland gehabt, bezeichnete Trump als "fake news" und als Witz. Das solle nur von der Niederlage der Demokraten ablenken, es entbehre aber jeder Grundlage. Auf die Frage, ob Mitglieder seines Wahlkampfteams Kontakte zu Vertretern Russlands unterhielten, antwortete er nicht eindeutig.

Sorge um Beziehung zu Putin

"Ich habe mit Russland nichts zu tun", sagte Trump. Später sagte er, es sei gut, mit Russland besser auskommen zu wollen. Die negative Berichterstattung darüber schwäche die Chancen dazu. Womöglich wolle Präsident Wladimir Putin jetzt keine Vereinbarung mehr mit ihm abschließen, weil solche Vereinbarungen mit ihm dessen Popularität schaden könnten. Im Zuge der falschen Russland-Berichte werde nun seiner Ansicht nach das wahre Thema in den Blick genommen. Das sei die illegale Weitergabe vertraulicher Informationen aus dem Weißen Haus.

Echte Leaks, falsche News

"Das sind kriminelle Leaks", sagte Trump. Diese würden sehr streng verfolgt. Er sei schockiert gewesen, als er von vertraulichen Inhalten seiner Telefonate mit den Staatsoberhäuptern Mexikos und Australiens aus Medien erfahren habe. "Die Leaks sind echt, aber die Nachrichten sind gefälscht", sagte Trump ("The leaks are real, but the news are fake").

Der Ton der Berichterstattung in den meisten US-Medien sei hasserfüllt, beklagte Trump: "Dieser ständige Hass, dieses ständige, ausschließliche Anti-Trump." Er könne sehr wohl einen Unterschied machen zwischen kritischen, wenngleich journalistisch guten Geschichten und solchen, die aufgeblasen und falsch seien. "Die Leute glauben euch einfach nicht mehr", sagte Trump. "Vielleicht habe ich etwas damit zu tun."

Latino nominiert

Nächster Arbeitsminister soll nach Trumps Willen Alexander Acosta werden, der an der Pressekonferenz nicht teilnahm. Der frühere Bundesanwalt, gegenwärtig an der Universität von Florida tätig, ist ein erfahrener Arbeitsrechtler. Der kubanischstämmige Professor wäre der erste Latino in Trumps Kabinett.

Die Nominierung wurde nötig, weil Trumps bisheriger Kandidat für diesen Posten am Vortag zurückgezogen hatte. Andrew Puzder war auch in den Reihen der Republikaner nicht durchsetzbar. Kabinettsmitglieder müssen vom US-Senat bestätigt werden. Acosta, geboren 1966, entspricht in vielem sehr viel mehr dem Profil bisheriger Arbeitsminister.

Spott aus Australien

Australiens Premierminister Malcolm Turnbull hat US-Präsident Donald Trump Nachhilfe im Umgang mit den Medien gegeben. "Winston Churchill hat einmal gesagt: Politiker, die sich über Zeitungen beschweren, sind wie Seefahrer, die sich über das Meer beschweren", sagte Turnbull bei einer Pressekonferenz während eines Besuchs in Neuseeland.

Trumps Kritik ergebe "nicht viel Sinn", er müsse sich mit der Beobachtung durch die Presse abfinden. "Wir müssen unsere Botschaft unter die Leute bringen und wir danken Ihnen allen in den Medien für Ihre freundliche Aufmerksamkeit", fügte Turnbull mit einem Lächeln hinzu.

Turnbull und Trump waren kurz nach dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten wegen eines bilateralen Flüchtlingsabkommens aneinandergeraten. Die Vereinbarung, die noch unter Trumps Vorgänger Barack Obama geschlossen worden war, sieht vor, dass die USA rund 1.600 Flüchtlinge aufnehmen, die von den australischen Behörden unter miserablen Bedingungen in Lagern auf den Pazifikinseln Manus und Nauru interniert wurden.

Bei einem Telefonat mit dem australischen Premierminister soll sich Trump über das Abkommen erbost haben. Via Twitter beschwerte er sich anschließend über diesen "dämlichen Deal". Turnbull betonte seitdem aber mehrfach, dass die Beziehungen zum Verbündeten USA weiterhin stabil seien.

Die 77-minütige Pressekonferenz sorgte bei Beobachtern für Kopfschütteln. CNN-Moderator Wolf Blitzer sagte unmittelbar nach Ende der Pressekonferenz nur: "Wow!"

(red, APA, 16.2.2017)