Flüchtlinge am Arbeitsmarkt: Für viele dürfte es zunächst einmal warten heißen, bis sie einen Job finden. Für Afghanen dürfte es wesentlich schwerer werden als für Syrer.

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Wien – Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat im Vorjahr die Schulbildung von knapp 6.000 Flüchtlingen erheben lassen. Dabei haben sich frühere Ergebnisse bestätigt, wonach es viele sehr gut und sehr schlecht ausgebildete Flüchtlinge gibt, die in den vergangenen Jahren nach Österreich gekommen sind. 62 Prozent der getesteten Syrer, 85 Prozent der Iraner und 57 Prozent der Iraker bringen demnach eine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung mit. Die Afghanen schneiden schlecht ab, nur 20 Prozent haben Matura oder Studium.

Zum Vergleich: In Österreich haben laut Statistik Austria 81 Prozent der Menschen eine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung. Mehr als ein Drittel der Syrer haben maximal einen Pflichtschulabschluss, in Österreich trift das auf 19 Prozent der Bevölkerung zu.

Die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt sei weiterhin eine große Herausforderung, sagt AMS-Chef Johannes Kopf. Die meisten seien derzeit dabei, Deutsch zu lernen. Dass viele Flüchtlinge aber eine weiterführende Ausbildung mitbringen, sei von Vorteil. "Wir haben den Eindruck, dass wir gut mit Leuten arbeiten können, die zwölf oder dreizehn Jahre in einer Schule waren", sagt Kopf zum STANDARD.

Wo sich Qualifizierung rechnet

Syrien sei mit seinem Bildungssystem das Vorzeigeland im arabischen Raum gewesen. Jenes von Afghanistan sei aber wohl nicht mit dem in Österreich vergleichbar. Unter den getesteten Afghanen gibt es 25 Prozent, die noch nie einer Schule waren. Für sie einen Job zu finden sei eine Riesenherausforderung, so Kopf. "Wir haben keine Erfahrung mit Menschen, die nie auf einer Schule waren." Mehr als die Hälfte der davon Betroffenen hätten aber zu Hause lesen und schreiben gelernt. Unter dem Strich sind zehn Prozent der getesteten Afghanen Analphabeten.

Der AMS-Vorstand teilt die Geflüchteten "etwas vereinfacht" in drei Gruppen ein. Es gebe einerseits Jüngere sowie andererseits Erwachsene mit oder ohne Qualifikation. Bei den Jungen dauere es Jahre, bis sie für einen Job infrage kämen, "da gehen wir in die Qualifizierung, in die Schule, ins Deutschlernen". Die qualifizierten Erwachsenen, etwa Schlosser und Mechaniker, wolle man an das österreichische Berufssystem heranführen.

Für unqualifizierte Erwachsene komme wohl nur Hilfsarbeit in der Landwirtschaft oder auf dem Bau infrage, sie müssten Deutsch lernen, eine Basisalphabetisierung sei notwendig. "Darüber hinaus wird sich da eine Qualifizierung aber nicht rechnen."

Breiter angelegter Check

Der sogenannte "Kompetenzcheck" wurde erstmals in allen Bundesländern durchgeführt und umfasst nun auch einigte tausend Menschen, die während des Flüchtlingsandrangs 2015 nach Österreich gekommen sind. Dabei haben sich die Ergebnisse aus einem ersten Pilotprojekt, das im Vorjahr für hitzige Diskussionen sorgte, bestätigt.

Beim Kompetenzcheck durchlaufen Flüchtlinge für einige Wochen eine Art erste Schulung für das Leben in Österreich (DER STANDARD hat im Vorjahr einen solchen Kurs besucht). Ihnen wird das Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem erklärt, und es gibt Tipps für die Suche nach Arbeit und Wohnung. Dabei wird zu Beginn in einem Gespräch festgehalten, welche Ausbildung sie aus ihren Heimatländern mitbringen. Auf diese Daten, die von ausgegliederten Firmen erhoben werden, bezieht sich das AMS. (Andreas Sator, 17.2.2017)