Alpha-Synuclein kommt nicht nur im Gehirn, sondern – wie jetzt bekannt ist – auch in der Haut vor.

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Die Parkinson-Krankheit gehört zu den häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Sie ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach der Alzheimer-Demenz. Die Diagnose ist vor allem im Frühstadium (Prodromalphase) schwer, denn Parkinson beginnt mit unspezifischen Beschwerden, zum Beispiel Verschlechterung des Geruchssinns, Depressionen oder Verdauungsstörungen. Erst wenn die typischen Bewegungsstörungen einsetzen – das Zittern beginnt, die Bewegungen steif und langsam werden –, kann der Arzt darauf schließen, dass sein Patient an Parkinson erkrankt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt hat aber schon ein jahrelanges Nervenzellsterben stattgefunden, etwa 80 Prozent der dopaminergen Nervenendigungen und bis zu 50 Prozent der Nervenzellen in der Substantia nigra im Gehirn sind dann bereits unwiederbringlich untergegangen.

Die Entwicklung wirkungsvoller Therapien krankt daran, dass Parkinson-Patienten erst in dieser späten Krankheitsphase erkannt werden. Könnten Mediziner früher eingreifen, wären die Chancen auf die Entwicklung von Therapien sowie auf Behandlungserfolge deutlich höher.

Biomarker gefunden

Weltweit arbeiten zahlreiche Forschungsgruppen an Wegen, die Parkinson-Krankheit früher zu erkennen. Neurowissenschaftler aus Würzburg und Marburg konnten nun bei Risikopatienten mit der sogenannten REM-Schlafverhaltensstörung den Biomarker Alpha-Synuclein in der Haut identifizieren, der Parkinson nachweist, Jahre bevor der Patient sichtbar erkrankt. "Damit sind wir dem großen Ziel, Parkinson in einem frühen Stadium zu erkennen und zu stoppen, einen wichtigen Schritt näher gekommen", sagt Günther Deuschl, Präsident der European Academy of Neurology. "Der Weg ist nun offen, auch bei nicht von der REM-Schlafverhaltensstörung Betroffenen einen diagnostischen Marker der Frühphase der Erkrankung zu identifizieren. Damit kommt der Einstieg in die lange erhoffte präsymptomatische Parkinson-Therapie nun in unser Blickfeld."

Werner Poewe, Direktor der Universitätsklinik für Neurologie an der Medizinischen Universitätsklinik in Innsbruck dazu: "Wichtig ist das Potenzial einer leicht anwendbaren Methode der minimalinvasiven Hautbiopsie, bei der lediglich eine 5 Millimeter große Probe entnommen werden muss. Dies ist von unmittelbarer praktischer Bedeutung, um Patienten für Studien zur Parkinson-Krankheitsprävention identifizieren zu können."

Ablagerung in der Haut

"Wir kennen Alpha-Synuclein zwar als neuropathologisches Kennzeichen von Morbus Parkinson, und der Nachweis dieser Proteinablagerungen war bereits der Goldstandard der Diagnose", erklärt Jens Volkmann, Koautor der Studie. "Allerdings haben wir im Gehirn gesucht, und das war erst nach dem Tod möglich." Dass sich Alpha-Synuclein nicht nur im Gehirn ablagert, sondern auch in der Haut, konnten die Würzburger Forscher schon 2014 zeigen. Sie fanden bei rund der Hälfte der untersuchten Parkinson-Patienten pathologische Proteinaggregate in den kleinen Nervenfasern der Haut.

In ihrer jetzigen Studie ging die Arbeitsgruppe einen Schritt weiter: Um herauszufinden, ob Alpha-Synuclein auch in der Prodromalphase als Biomarker herangezogen werden kann, untersuchten sie Patienten mit REM‐Schlafverhaltensstörung. Die Schlafstörung gilt als charakteristisches Frühsymptom der Parkinson-Krankheit. Sie äußert sich in aggressiven Träumen und auffälligen Bewegungen im Traumschlaf, etwa 85 Prozent der Betroffenen entwickeln innerhalb von 15 bis 20 Jahren eine Parkinson‐Erkrankung. Auch bei REM‐Schlafverhaltensstörung finden sich im Gehirn Ablagerungen von Alpha‐Synuclein.

"Unsere Studie liefert Evidenz dafür, dass phosphoryliertes Alpha-Synuclein schon in dermalen Nervenfasern von Patienten vorhanden ist, die an REM-Schlafstörung leiden. Die Ablagerungen können bei diesen Patienten als periphere histopathologische Marker für eine Alpha-Synculeinopathie genutzt werden, die vor dem Einsetzen von motorischen Symptomen bei Morbus Parkinson auftritt", schreibt Erstautorin Kathrin Doppler. In Anbetracht des einfachen Zugangs zu Hautbiopsien und der hohen Spezifität der Untersuchung sehen die Autoren in der Methode einiges Potenzial, um Parkinson-Patienten im prodromalen Stadium der Erkrankung zu identifizieren und für klinische Studien zum Test von krankheitsmodifizierenden Medikamenten zu gewinnen.

Design der Studie

Für die Studie rekrutierten die Forscher zwischen Dezember 2014 und Juli 2016 an den neurologischen Universitätskliniken in Würzburg und Marburg 18 Patienten mit REM-Schlafstörungen, 25 Patienten mit frühem Morbus Parkinson und 20 gesunde Kontrollprobanden. Sie entnahmen den Probanden Hautbiopsien (5 Millimeter) am Rücken sowie am Ober- und Unterschenkel und suchten mittels Doppel-Immunfluoreszenzfärbung in den dermalen Nervenfasern nach Ablagerungen von phosphoryliertem Alpha-Synuclein.

Phosphoryliertes Alpha-Synuclein konnte mit einer Sensitivität von 55,6 Prozent bei zehn von 18 RBD-Patienten nachgewiesen werden. Mit einer Sensitivität von 80 Prozent wurde bei 20 von 25 Patienten mit frühem Morbus Parkinson ein Nachweis für die Alpha-Synuclein-Ablagerungen erbracht. Keine Ablagerungen hingegen fanden sich bei den gesunden Kontrollprobanden. (red, idw, 17.2.2017)