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Marcel Hirscher attackiert. Den ersten Durchgang ging er aggressiv wie sonst nur einen zweiten an.

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Leitinger, Hirscher, Haugen – die drei von der Medaillenstelle.

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Dreifachsieg! Es kann nur einen geben.

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Vater Hirscher jubelt am Berg.

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St. Moritz – Und dann war es geschafft. Marcel Hirscher fuhr durchs Ziel, streckte die Arme hoch, die ersehnte Goldene im Riesentorlauf war fixiert. Sein großer Gegner war am Freitag in St. Moritz nicht wie erwartet der Franzose Alexis Pinturault, sondern sein Landsmann Roland Leitinger. Der 25-jährige Salzburger fuhr das Rennen seines Lebens, holte Silber vor dem fast ebenso überraschend starken Norweger Leif Kristian Haugen. Leitinger schob sich bei Schneefall im zweiten Durchgang von Rang sechs nach vor. Ein anderer Salzburger hatte weniger Grund zur Freude. Philipp Schörghofer, nach dem ersten Lauf hinter Hirscher Zweiter, fiel im Finale auf Rang fünf zurück. Co-Favorit Pinturault belegte nach Position drei im ersten Lauf nur Platz sieben.

"Ich bin superhappy", sagt Hirscher. "Ich habe gekämpft, gekämpft, gekämpft, ich habe auch einen Fehler eingebaut, aber ich habe den Ski laufen lassen." Ein bisschen, sagte Hirscher, sei er auch mit Wut im Bauch gefahren. Er hatte sich über die Medienschelte nach dem Teambewerb geärgert. Der 27-Jährige hatte seinen Lauf gegen den Belgier Dries von den Broecke verloren. "Ich habe mich nicht wertgeschätzt gefühlt." Van den Broecke schied am Freitag übrigens aus.

Bei den vergangenen beiden Weltmeisterschaften war Hirscher im Riesentorlauf jeweils Zweiter hinter Ted Ligety gewesen. Der US-Amerikaner fehlte am Freitag, er beendete den Winter frühzeitig. Im Jänner unterzog sich der 32-Jährige einer Bandscheiben-Operation.

Für Hirscher ist es der fünfte WM-Titel, der dritte in einem Einzelrennen, nach Kombi-Gold 2015 in Beaver Creek und Slalom-Gold 2013 in Schladming. Insgesamt hält er nun bei acht WM-Medaillen. Am Montag verpasste er in St. Moritz die WM-Titelverteidigung in der Kombination nur um eine Hundertstelsekunde.

Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher war am Freitag selbstverständlich ziemlich zufrieden: "Wir haben gewusst, dass unsere Leute gut drauf sind, aber eins und zwei hätte ich mir nie erwartet. Super." Vor allem von Leitinger war er überrascht. Nicht nur er. Der 25-Jährige aus St. Martin bei Lofer war bisher im Weltcup nie besser als Sechster (Sölden 2015). In diesem Winter war sein bestes Ergebnis Platz elf im Riesentorlauf von Val d’Isère.

Der Rücken, die Wade

Leitinger machten in den vergangenen Jahren immer wieder Rückenprobleme zu schaffen. Zuletzt hatte er wegen Wadenproblemen pausiert. Erst einige Tage vor dem WM-Riesentorlauf begann er wieder zu trainieren. "Für mich war von Anfang an kein Druck da", sagte Leitinger. "Ich bin einfach gefahren und habe gemerkt, es geht megamäßig." Vor dem zweiten Durchgang habe er nicht weiter nachgedacht. "Das war das Rezept, um einen Erfolg zu feiern."

Nach dem Riesentorlauf in Garmisch Ende Jänner humpelte Leitinger aus dem Zielraum. "Ich habe nicht gewusst, was los ist." Auch Leif-Kristian Haugen hat es im Weltcup noch nie aufs Podest geschafft, zweimal war der 29-Jährige Vierter. Die Bronzemedaille fand er "wirklich cool".

Der zweite Durchgang hatte am Freitag verspätet begonnen. Eine Fernsehkamera stürzte in den Zielraum, nachdem ein Flugzeug der Schweizer Luftwaffe bei einem Trainingsflug das Tragseil der Fernsehkamera touchiert hatte. Verletzt wurde niemand. Dem Schweizer Fernsehen entstand ein Sachschaden von 250.000 Euro. Die Polizei sowie das Militär haben Ermittlungen aufgenommen. Aus Sicherheitsgründen war auch der Betrieb des Sessellifts kurzfristig eingestellt worden. Unter anderen saßen Hirscher und Schörghofer fest. Manuel Feller verpatzte seinen ersten Lauf, landete nur auf Rang 33 (+2,45), zum zweiten Durchgang trat er wegen leichter Rückenprobleme nicht mehr an. "Ich habe die wichtigste Passage des Laufes versaut." Feller hat noch den Slalom am Sonntag. Marcel Hirscher auch. Der Salzburger ist neben dem Norweger Henrik Kristoffersen, der am Freitag als Vierter Bronze um 0,05 Sekunden verpasste, Top-Favorit.

Die WM ist dann zwar vorbei, die Saison aber noch nicht. Hirscher ist drauf und dran, als erster Skifahrer den Gesamtweltcup zum sechsten Mal in Folge zu gewinnen. Am Freitag wollte er sich nach dem Rennen erst einmal ein Sandwich gönnen. (Birgit Riezinger aus St. Moritz, 17.2.2017)

Endstand des Herren-Riesentorlaufs der alpinen Ski-WM am Freitag in St. Moritz:

1. Marcel Hirscher (AUT) 2:13,31 Min.
2. Roland Leitinger (AUT) +00,25

3. Leif Kristian Haugen (NOR) +00,71
4. Henrik Kristoffersen (NOR) +00,76
5. Philipp Schörghofer (AUT) +00,85
6. Matts Olsson (SWE) +00,93
7. Alexis Pinturault (FRA) +00,98
8. Justin Murisier (SUI) +00,99
9. Mathieu Faivre (FRA) +01,05
10. Riccardo Tonetti (ITA) +01,16

Zweiter Durchgang:

1. Roland Leitinger (AUT) 1:06,30 Min.
2. Felix Neureuther (GER) +0,11
3. David Chodounsky (USA) +0,13
4. Steve Missillier (FRA) +0,14
5. Justin Murisier (SUI) +0,16
6. Marcel Hirscher (AUT) +0,28
7. Linus Straßer (GER) +0,36
8. Loic Meillard (SUI) +0,38
9. Gino Caviezel (SUI) +0,39
10. Erik Read (CAN) +0,41

Erster Durchgang:

1. Marcel Hirscher (AUT) 1:06,73 Min.
2. Philipp Schörghofer (AUT) +0,26

3. Alexis Pinturault (FRA) +0,35
4. Matts Olsson (SWE) +0,39
5. Henrik Kristoffersen (NOR) +0,48
6. Roland Leitinger (AUT) +0,53
7. Leif Kristian Haugen (NOR) +0,54
8. Mathieu Faivre (FRA) +0,78
9. Riccardo Tonetti (ITA) +0,85
10. Filip Zubcic (CRO) +0,97