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EZB-Chef Mario Draghi beobachtet wachsende Ungleichgewichte.

Foto: Reuters / Yves Herman

Wien – Von Griechenland kommend ziehen wieder ein paar Gewitterwolken über die Eurozone. Doch für die Währungsunion ist der Krisenstaat beileibe nicht das einzige Sorgenkind. Man könnte auch von einem Adriatief und einem Spanientief sprechen, das sich einfach nicht auflösen will. Die Finanzmarktturbulenzen in den beiden großen südlichen Volkswirtschaften konnte die Europäische Zentralbank zwar in den Griff bekommen, doch fundamental beruhigt hat sich die Lage keineswegs. Denn das Misstrauen in die Stabilität der Länder ist nach wie vor groß und scheint sogar zuzunehmen.

Das lässt sich anhand der Zahlungsbilanzsalden im Eurosystem darlegen, die auf eine schleichende Kapitalflucht aus dem "Club Med" hinweisen. Die Lücke, die zwischen den Notenbankgläubigern und -schuldnern klafft, hat beachtliche Dimensionen erreicht. Italien steht in diesem Target 2 genannten System Ende Dezember 2016 mit 356 Milliarden Euro in der Kreide, Spanien folgt mit 328 Milliarden Euro. Griechenland und Portugal liegen mit einem Minus von gut 70 Milliarden Euro deutlich dahinter. Geliehen wurden die Mittel im Wesentlichen von der Deutschen Bundesbank, die auf Forderungen von 754 Milliarden Euro sitzt. Luxemburg (187 Mrd.) und die Niederlande (87 Mrd.) sind weitere nennenswerte Gläubiger.

Wachsende Sorgen

Was zusehends Sorgen bereitet, ist die anhaltende Dynamik bei den Salden. So stieg das Target-Minus Italiens im zweiten Halbjahr 2016 um 60 Milliarden an, jenes von Spanien um 25 Milliarden. Deutschland wieder erhöhte sein Engagement um fast 100 Milliarden. Die Bundesbank hat bereits die Jännerzahlen veröffentlicht, und die bestätigen den Trend: In nur einem Monat sind die Forderungen um weitere 40 Milliarden Euro angestiegen.

Die EZB versucht seit geraumer Zeit zu beruhigen. Das Auseinanderklaffen der Eurozone sei eine rein technische Folge der Wertpapierkäufe der Euronotenbank, so die Erklärung. Tatsächlich wurden im Zuge der Aktion bereits 1,6 Billionen Euro in diverse Papiere wie Staatsanleihen gesteckt. Wenn etwa eine deutsche Bank italienische Schuldverschreibungen an die Banca d'Italia verkauft, senkt das den Target-Wert Roms und erhöht jenen Frankfurts. Da die erlösten Gelder aber nicht im jeweiligen Land reinvestiert werden, wächst das wirtschaftliche Risiko sehr wohl. Im Falle einer Insolvenz, eines Austritts aus der Währungsunion oder gar eines Eurozerfalls würde die Bundesbank letztlich auf ihren Forderungen gegenüber der EZB sitzenbleiben. Die Kapitalflucht aus dem Süden wird somit über Umwege vergemeinschaftet.

Risiken der Eurozone

Einige Ökonomen weisen wieder verstärkt auf das Ungleichgewicht in der Eurozone und die damit verbundenen Risiken hin. Carmen Reinhart beispielsweise hat schon vor zwei Monaten vor einer Zahlungsbilanzkrise in Italien gewarnt. Nobelpreisträger Joseph Stiglitz rechnet ohnehin mit einem Zusammenbruch der Währungsunion in den kommenden Jahren. Zuletzt sind wieder Griechenland und seine hohe Verschuldung in den Fokus gerückt. Sollte sich der Internationale Währungsfonds nicht am dritten Hilfspaket beteiligen, stehen auch frische Kredite der Europartner zur Debatte. Der Deutsche Bundestag beispielsweise hat eine Kofinanzierung durch den Fonds zur Bedingung für weitere Zahlungen an Griechenland gemacht. Mehrere Wahlen in Europa dürften die Lage nicht gerade einfacher machen. (as, 19.2.2017)